Sprechstunde

über alles was uns krank macht

Archive for Mai 2017

Sexismus verdient eine zweite Chance in der Wiener SPÖ, interne Kritiker jedoch nicht

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Zwei nur auf den ersten Blick unabhängige Schlagzeilen:

Der wegen seines sexistischen Postings auffällig gewordene Wiener SPÖ Bezirksrat Götz Schrage erhält nach langer Beratung der SPÖ Gremien eine zweite Chance und verbleibt im Amt: http://www.oe24.at/oesterreich/politik/Sexismus-Eklat-Goetz-Schrage-bleibt-in-der-SPOe/285355608

Der Gründer der Ärztegewerkschaft Gernot Rainer verlor in erster Instanz seinen Arbeitsprozess gegen den Krankenanstaltenverbund der Stadt Wien, die sich trotz ausgezeichneter fachlicher Beurteilung von ihm trennte, da er sich nach Meinung der Dauervertragskommission nicht mit den Gesamtinteressen der Stadt Wien identifizierte.
http://diepresse.com/home/panorama/wien/5226040/Urteil_Kritischer-Arzt-Gernot-Rainer-verliert-gegen-Stadt?

Die Klammer beider Schlagzeilen ist die Wiener SPÖ und ihre Interessen. Frühere Behauptungen, dass der KAV im Fall Rainer als unabhängige Unternehmung der Stadt Wien, frei von (partei)politischen Interessen entschieden hat, sind angesichts der handelnden Personen wenig glaubwürdig.

Halten wir also fest, das geschmacklose Schwadronieren über allfällige Parallelen zwischen jungen Politikerinnen und echten oder nur potentiellen Bettgeschichten eines alternden Fotografen und Bezirksrats schaden den „Gesamtinteressen“ dieser Partei offenbar weniger als sachliche Kritik.
Ein in den „80ern sexuell aktiver Fotograf“ durfte ungestraft noch vor zwei Tagen ankündigen, „die Tür zu meiner SPÖ nicht zuschlagen“ zu wollen (https://kurier.at/politik/inland/goetz-schrage-zu-sexismus-vorwurf-will-und-werde-die-tuer-zu-meiner-spoe-nicht-zuschlagen/266.391.583) und war im aktuellen inneren Parteikrieg den Wiener Genossen offenbar so wichtig, dass sich sich weder die Neubauer Parteichefin Kunzl noch die Staatssekretärin Dudzdar mit ihrem Wunsch nach sofortigem Rücktritt durchsetzen konnten.

Am Tag der offenen Türe in der Wiener SPÖ triumphierte der schlechte Geschmack und die sexistische Kritik am politischen Mitbewerber wird goutiert, sachliche Kritik wird  arbeitsgerichtlich mit dem Entzug der beruflichen Existenz geahndet.

Nur ein Blinder kann diese Zeichen missverstehen. Diejenigen, die ihren letzten Wahlsieg ihrem angeblichen Widerstand gegen totalitäres Denken verdanken, sind inzwischen zu Speerspitze dieser Gesinnung geworden.

Die Demokratie ist uns keine Frage der Zweckmäßigkeit, sondern der Sittlichkeit.
Es hat keinen Sinn, eine Mehrheit für die Sozialdemokraten zu erringen, wenn der Preis dafür ist, kein Sozialdemokrat mehr zu sein.
Willy Brandt

Written by medicus58

30. Mai 2017 at 09:19

Wir verlieren unsere Vergangenheit und trotzdem eine Sonntagsgeschichte

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Legion sind die Schriften, die uns Kinder des digitalen Zeitalters darauf hingewiesen haben, dass sich unsere Spuren schneller verlaufen würden als diejenigen unserer Vorfahren. Es liegt in der Natur analoger Zeitzeugnisse, dass sie selbst noch lesbar sind, wenn sie zum Teil dem malmenden Bücherskorpion zum Opfer gefallen sind.

Natürlich könnte ich ohne den Kleinen Stowasser (Angsträume befallen mich bei der Vorstellung es gäbe auch einen großen Bruder dieses Werkes) Keine Zeile von Cäsars Gallischem Kriegsberichten entziffern (vermutlich auch nicht mit dem Kleinen Stowasser), aber solange mein Augenlicht noch halbwegs funktioniert, könnte man das Ding lesen!

Das Problem unseres papierlosen Zeitalters ist also nicht nur der mögliche Verlust der Quelle, sondern auch die häufige Notwendigkeit dafür ein noch geeignetes Abspielgerät zu haben. Jedes für sich ist ziemlich nutzlos. Ihre alten Urlaubsdias lassen sich zur Not noch gegen die Nachttischlampe begutachten, versuchen Sie das mal mit ihrer Foto-CD des letzten Jahrzehnts.
Als Ihr Medicus kürzlich daran erinnert wurde, dass er doch während der Gymnasialzeit (wollen wir nicht ins Detail gehen, aber das liegt mehr als vier Jahrzehnte zurück) mit einigen seiner Mitschüler ein Hörspiel geschrieben und produziert hat und man das doch jetzt unheimlich gerne hören wolle, wird unvermittelt in das beschriebene problem gestützt.

Das Opus wurde damals auf zwei tragbaren Kassettenrecordern aufgenommen und auf ein Compact Cassette C-60 der Firma Philips verewigt.
Übrigens war diese Cassette „Made in Austria“ (nur so in Parenthese ….).
Einer dieser Kassettenrekorder segnete schon im vorigen Jahrhundert das Zeitliche, der zweite fristet als tragbares Radio am Dachboden sein Leben, seit er seine Ernährung auf Tonband umgestellt hat und dieses bei jedem Abspielversuch unwiederbringlich in sein Räderwerk mampfte, fiel er als Abspielgerät aus. Auch das Profi-Tape-Deck, dass sich ihr Medicus später gönnte, verreckte vor Jahren unwiederbringlich, bzw. weigerte sich seine elektronische Steuerung das zu tun, was man in die Bedienungstasten hämmerte.
Aber das war dann auch kein großes Problem, denn so um 1985 erstand ich ein DENON DR M22, dass für einen Preis von rund 6300 OS  in der Stereoplay 6/1985 als  Spitzenklasse III bejubelt wurde und mit computergesteuerte, geräuschlose Servo-Motortechnik, Hinterbandkontrolle (!!!), automatischer Bandsortenwahl (Normal, Chrome, Metal) und Vormagnetisierungsregler (BIAS-Tuning) glänzte. Auf dem spielte ich, mit aber immer geringerer Frequenz, meine Kassettensammlung ab. Zuletzt meist um besondere Schätze zu digitalisieren, ich gebe es ja zu, ich habe das Deck in den letzten drei Jahren nicht mehr angerührt!

Nach einiger Wühlarbeit fand ich sogar die Kassette mit dem dereinst selbst produzierten Hörspiel wieder (glaube nicht, dass ich meine Steuerakten aus dem vorigen Jahrhundert so in Ehren gehalten habe) und legte sie in das Denon Deck.

Nix passierte, nix drehte sich nur so ein strenger Brandgeruch machte sich breit … Panik.

Ein Blick ins Netzt machte mich noch desperater. Kein namhafter Hersteller hat mehr ein „vernünftiges“ Abspielgerät für Kompaktkassetten im Angebot.
Während es nach dem Scheintot der Langspielplatte wieder genug high end Abspielgeräte und Neupressungen gibt, hat die CD die CompactCassette offenbar erfolgreich getötet.

Mein Hörspiel habe ich dann über einen noch zufällig aufgefundenen Walkman digitalisiert, was ich mit den „Reineisen MCs mit Dolby C Rauschunterdrückung machen soll, war mir aber unklar. Die No-Names, die ein einziger Elektrohändler im Sortiment führte, schienen mir qualitativ ein Abstieg, der Rest schien Schweigen.

Aber es ist eine Sonntagsgeschichte, der Himmel ist blau und ich möchte mich in die Sonne legen, so dass ich es kurz mache.

Ich schraubte mein DENON auseinander, tapste auf einige Schalter, sah, dass sich der Hauptmotor ohne Geruchsentwicklung in Bewegung setzte und putzte weiter und siehe da, plötzlich reagierte die Mechanik wieder auf die Sensortasten.

Ein für mich nicht unwesentliches Stück meiner „elektronischen Vergangenheit“ wurde wieder hörbar, die Frage ob das damals Produzierte gut, schlecht oder irgendwo dazwischen lag, kann anhand des Originals beurteilt werden.
Ein völlig irrelevanter Schritt für die Menschheit, ein bisschen Freude für mich.

PS: Checken Sie mal, ob sie sich nicht auch fälschlicherweise sicher sind, ihre elektrische (digitale) Vergangenheit noch im (Zu)Griff zu haben!

Written by medicus58

28. Mai 2017 at 14:22

Veröffentlicht in Was im Alltag so alles nervt

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ÖSG: Warum einfach, wenn es doch auch kompliziert geht

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Es ist schon fast fünf Jahre her, seit ich mich hier unter dem Titel Die planlose Planwirtschaft im Gesundheitswesen mit einem weitgehend unbekannten Instrument der österr. Gesundheitsplanung beschäftigt habe; dem ÖSG.
Nein, ich meinen nicht das Ökostromgesetz, die Österreichisch-Schwedische Gesellschaft, die Österreichische Sportwissenschaftliche Gesellschaft und auch nicht die Österreichische Statistische Gesellschaft, ich meine den Österreichischen Strukturplan Gesundheit.

1996 haben sich Bund und die Länder auf eine überregionale Krankenanstaltenplanung (einschließlich einer Planung der Großgeräte) geeinigt und seit 2006 heißt dieses Planspiel Österreichischen Strukturplan Gesundheit (ÖSG).

Der Plan wird nun im Auftrag der Bundesgesundheitsagentur (BGA) erstellt. Die BGA ist ein auf Basis der Vereinbarung gemäß Artikel 15a Bundesverfassungsgesetz über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens mit (BGBl. I Nr. 105/2008) errichteter öffentlich-rechtlicher Fond mit eigener Rechtspersönlichkeit, dessen Geschäftsführung dem „Gesundheitsministerium“ obliegt.
(Anm: Die Gänsefüßchen deshalb, weil man im Gesetzestext schon dafür vorgesorgt hat, dass irgendwann einmal die Gesundheitsagenden auch woanders landen könnten.)

Also, der BGA ist eine unter der Kontrolle des Gesundheitsministers stehender Fond, hat mit der Bundes-Zielsteuerungskommission ein Steuerungsgremium, dem je vier Vertreterinnen/Vertreter des Bundes, und der Sozialversicherung sowie neun Vertreterinnen/Vertreter der Länder angehören, und vergab die Erstellung dieses Plans seither stets an die Gesundheit Österreich Ges.m.b.H. (GÖG).
Ob dieses Karussell geschaffen wurde, um den „Gesundheitsminister“ zu behindern oder die politische Veranwortung für das Ergebnis hinter scheinbarem Expertenwissen zu verbergen, mag nun jeder selbst entscheiden! 

Beim GÖG handelt es sich um ein am 1. August 2006 per Bundesgesetz errichtetes nationales Forschungs- und Planungsinstitut für das Gesundheitswesen dessen Alleingesellschafter der Bund, vertreten durch – erraten – den Bundesminister für Gesundheit ist. Das GÖG entstand natürlich nicht aus dem Nichts, sondern vereinigte das 1973 gegründete Österreichische Bundesinstitut für Gesundheitswesen (ÖBIG) und den 1998 gegründeten Fonds Gesundes Österreich (FÖG). Im Gesundheitsqualitätsgesetz hat man da auch gleich ein Bundesinstitut für Qualität im Gesundheitswesen (BIQG) dazu gepackt, dem, natürlich wieder im Auftrag des Bundes,  die Entwicklung, Umsetzung und regelmäßige Evaluation eines gesamtösterreichischen Qualitätssystems obliegt, das den Prinzipien Patientenorientierung, Transparenz, Effektivität und Effizienz zu folgen hat. 
Ja, und damit man sich auch noch etwas Geld verdienen kann, stehen für andere Auftraggeber noch GÖG-Töchter zur Verfügung (GÖ Beratungs GmbH, GÖ Forschungs- und Planungs GmbH). Dass es dabei mitunter Diskrepanzen zum eigenen ÖSG gibt, wird noch einmal zu diskutieren sein …
Verfassungsgemäß kann der Bund aber nur Rahmenvorgaben beschließen, die Umsetzung in Regionalen Strukturplänen (RSG)  obliegt den Bundesländern und auch hier stolperte man immer wieder über massive Diskrepanzen zwischen ÖSG und RSG in diesem föderalen Sandkastenspiels! Kein Wunder, als einziges Grundlage zur Intervention hat der Bund die 15a Vereinbarungen und (rein theoretisch) die Steuergelder, die er in diesen Bereich fließen lässt. Da wir aber keine Finanzierung aus einer Hand haben, findet jeder Mitspieler genug Regler, an denen er das Endergebnis in seinem Sinne oder in Richtung seiner Hinter“personen“ zu modifizieren.

Der Bedarf nach einer Steuerung wurde seit Jahrzehnten gesehen und ebenso lange erfolgreich vereitelt.

In den 1970er-Jahren wurde vor allem der bundesweite Bedarf an Spitalsbetten und ab 1996 auch an medizinisch-technischen Großgeräten vorgeschrieben, dann ging der ÖSG in immer mehr Details der intramuralen (also stationären) Versorgung, um in den letzten Jahren immer stärker auch den extramuralen (ambulanten) Bereich zu planen.

Der ÖSG umfasst neben dem stationären Bereich (landesgesundheitsfondsfinanzierte Spitäler, Unfallkrankenhäuser und Sanatorien) auch den ambulanten Bereich (niedergelassene Ärztinnen/Ärzte, selbstständige Ambulatorien), die Rehabilitation und die Übergänge zur Langzeitpflege. Dabei enthält er quantitative Planungsaussagen (z.B. Anzahl der Betten pro medizinische Fachrichtung, zeitliche Erreichbarkeit eines Spitals) und qualitative Angaben (z.B. personelle Ausstattung einer Abteilung, Mindestausstattung eines Spitals als Voraussetzung für bestimmte Eingriffe).

Im Medienauftritt des Ministeriums (https://www.gesundheit.gv.at/gesundheitssystem/gesundheitswesen/planung) liest man überhaupt nur vom ÖSG 2012, die Draftversion aus 2016 ist irgendwo verreckt, aber die von 2017 hat es in sich. Man gewinnt den Eindruck, dass das Gesundheitsministerium Zähne zeigen will. Leider entledigt er sich aber wieder primär der im System wirklich Arbeitenden:

Das ÖBIG nimmt für seinen ÖSG den Rang einer verbindliche Planungsgrundlage für die österreichische Gesundheitsversorgungs und die Qualität eines  objektivierten Sachverständigengutachten in Anspruch, obwohl u.a. Ärzte (die Ärztekammer) in dem Gesamtprozess gerade einmal die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt wird. 

Mit der beabsichtigten Beschlussfassung und Veröffentlichung im RIS bekommt das Ding de facto Verordnungsrang, obwohl es mehr das Resultat ökonomischer und gesundheitspolitischer Strippenzieherei der Länder ist, als ein auf medizinische Evidenz fußende Versorgungsplanung.

Der Versuch von der Fokusierung auf ein paar Großeräte und das Krankenbett hin zu einer Gesamtschau wäre zwar begrüssenswert,
nur ist das Zahlenmaterial für den extramuralen Bereich noch schlechter als in den Krankenanstalten und die daraus abgeleiteten Planungsvorgaben zum Teil haarsträubend.

Halten wir also fest, damit das „Gesundheitsministerium“ den Bundesländern und anderen Gesundheitsdienstleistungsanbietern vorschreiben kann, wie die Gesundheitsversorgung in Österreich aussehen soll, errichtete es auf Basis einer miserablen Datenqualität eine überkomplexes politisches Konstrukt, dass sich der Kritik immer mehr der internen Kritik der im System arbeitenden Experten entzieht aber trotzdem für sich den Rang eines objektivierten Sachverständigengutachten in Anspruch nimmt.
Das kann nicht einfach nur passiert sein, dahinter müssen sehr potente Interessen stecken …

 

PS: Diagramm aus dem RH

Written by medicus58

24. Mai 2017 at 17:41

Mitterlehner, Glawischnig treten zurück, Häupl kämpft seinen letzten Kampf – Kurz sollte kürzertreten

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vielleicht sollte auch Kurz etwas kürzer treten, denn laut Fellners Österreich gibt’s wieder einmal die Mutter aller Schlachten:

Häupls letzte Schlacht: Wien soll Kurz stoppen

Der Bundespräsident forderte gestern die Parteien zu einem fairen Wahlkampf auf. Ob er sich selbst und seine TV-Konfrontation mit Hofer als Vorbild meinte, muss offen bleiben:
Woher wissen wir, wer die Guten sind? https://medicus58.wordpress.com/2016/12/08/wie-wissen-wir-wer-die-guten-sind/ 

Das eben vom Bundeskanzler angedrohte freie Spiel der Kräfte im Parlament

Kern droht Kurz mit freiem Spiel der Kräfte

wurde schon längst wieder abgepfiffen.

Die Legende vom freien Spiel der Kräfte

Dem ubiquitär vorhandenen, wenn auch völlig undefinierten Wählerwunsch nach Change wird ein eine Komödie der Machterhaltung geboten, der Menschen verschleißt.
Man vergleiche einmal das Aussehen der Agierenden im Zeitverlauf:
Glawischnig 2012http://www.vienna.at/wiener-gruene-94-prozent-fuer-eva-glawischnig/3389676
Glawischnig 2017: https://www.profil.at/shortlist/oesterreich/die-gruenen-eva-glawischnig-ruecktritt-814927

(sie können das Spiel gerne via Google Bildersuche auch mit einer Reihe anderer Politikeroortraits durchspielen …)

Man sollte sich langsam die Frage stellen, ob wir, unabhängig von unserer persönlichen Haltung zu unseren Politikern, wirklich glauben, dass ein System,
das Menschen in derart hohem Ausmaß auspowert, in unserem Interesse ist.
Dies nur als gerechte Strafe für machtgeile Karrieristen zu sehen, greift etwas zu kurz.
Es greift genauso kurz wie das über Jahrzehnte gepflegte Bild vom sich für seine Patienten (oder sein Einkommen) 24/7 aufopfernde Arzt. Spiele, die ihre Mitspieler auffressen, laufen nach den falschen Spielregeln ab und dies sollte transparent gemacht werden!

Kurz sollte kürzertreten!

Written by medicus58

18. Mai 2017 at 07:50

Veröffentlicht in Was im Alltag so alles nervt

An das Publikum (Eine Collage)

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1931

O hochverehrtes Publikum,
sag mal: Bist du wirklich so dumm,
wie uns das an allen Tagen
alle Unternehmer sagen?
Jeder Direktor mit dickem Popo
spricht: „Das Publikum will es so!“
Jeder Filmfritze sagt: „Was soll ich machen?
Das Publikum wünscht diese zuckrigen Sachen!“
Jeder Verleger zuckt die Achseln und spricht:
„Gute Bücher gehn eben nicht!“
Sag mal, verehrtes Publikum:
Bist du wirklich so dumm?

So dumm, daß in Zeitungen, früh und spät,
immer weniger zu lesen steht?
Aus lauter Furcht, du könntest verletzt sein;
aus lauter Angst, es soll niemand verhetzt sein;
aus lauter Besorgnis, Müller und Cohn
könnten mit Abbestellung drohn?
Aus Bangigkeit, es käme am Ende
einer der zahllosen Reichsverbände
und protestierte und denunzierte
und demonstrierte und prozessierte…
Sag mal, verehrtes Publikum:
Bist du wirklich so dumm?

Ja dann…
Es lastet auf dieser Zeit
der Fluch der Mittelmässigkeit.
Hast du so einen schwachen Magen?
Kannst du keine Wahrheit vertragen?
Bist also nur ein Griesbrei-Fresser-?
Ja, dann…
Ja, dann verdienst dus nicht besser

(Kurt Tucholsky)

14.6.2004 (!)

Molterer: „Anstand“ verpflichtet Gusenbauer zu Rücktritt

19.7.2008

Das Netzwerk des Werner Faymann: Wie Freunde ihn ins Kanzleramt bringen wollen

13.4.2011

Rücktritt von Josef Pröll Scheitern einer Zukunftshoffnung

5.6.2011

Spindeleggers Netzwerk besteht aus Cartellverband und sozialliberalen Christen

9.5.2016:
Faymann ist Geschichte – Der Fahrplan für die nächsten Wochen

13.5.2017

„Mitterlehner nach allen Regeln der Kunst abmontiert“

1977 Heroes

I, I will be king
And you, you will be queen
Though nothing, will drive them away
We can beat them, just for one day
We can be heroes, just for one day

We’re nothing, and nothing will help us
Maybe we’re lying, then you better not stay
But we could be safer, just for one day
Oh-oh-oh-ohh, oh-oh-oh-ohh, just for one day

(David Bowie)

Skandale verstecken sich hinter ihren Nachfolgern: RH Bericht Wien

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Blöd für die Stadt Wien, dass das mühevoll eingefädelte „Bleiben bis zur nächsten Nationalratswahl“ durch die innenpolitischen Ereignisse im wahrsten Sinn des Wortes kürzer ausfällt, als es sich Bürgermeister Häupl wohl erhoffte,
jedenfalls ist die Veröffentlichung des Rechnungshofberichtes über den KAV medial auf die hintersten Plätze verwiesen worden. In einer ersten Stellungnahme glaubt sich auch der KAV mit Verweis auf den bereits erfolgten Abgang des Generaldirektor und natürlich schon längst eingeleiteter Reformen der Kritik entheben zu können. Wer sich die 134 Seiten des Originals nicht selbst durchlesen möchte, für den habe ich mir erlaubt einige mir persönlich relevant erscheinender Passagen hier hervorzuheben:

Beim KAV handelte es sich innerhalb der Wiener Stadtverwaltung mit rd. 27.000 von insgesamt rd. 58.000 Bediensteten (in Vollzeitäquivalenten (VZÄ)) zum Stichtag 31. Dezember 2015 um die bei weitem größte Dienststelle; auch österreichweit war die Stadt Wien mit dem KAV die größte Arbeitgeberin im Gesundheits– und Pflegebereich. In der Generaldirektion des KAV selbst waren im Jahr 2015 rd. 280 VZÄ beschäftigt.

Als strategische Vorgabe für den KAV war u.a. das aus 2011 stammende Spitalskonzept 2030 relevant; das auch mit diesem verfolgte Ziel einer erhöhten Eigenständigkeit des KAV stand im Spannungsverhältnis zur Unternehmungs–Eigenschaft des KAV.

Von den für 2013 bis 2017 festgelegten 42 Zielen waren nur fünf an eine konkrete zeitliche Vorgabe gebunden. Selbst davon war bisher nur eines vollständig umgesetzt. Die Gründe für die Nichterreichung der Ziele bzw. für die notwendig gewordene Fristverlängerung waren nicht nachvollziehbar; die Nichterreichung der Ziele hatte keine nachvollziehbaren Konsequenzen.

Die Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten waren so ausgestaltet, dass der – mit dem Generaldirektor monokratisch organisierte – KAV in wesentlichen Bereichen einer regulären Geschäfts– und Betriebsführung (z.B. Personal, Finanzen) unselbstständig war.

Das Aufsichtsgremium war zwar einem gesellschaftsrechtlichen Aufsichtsrat nachgebildet, hatte jedoch nicht die entsprechenden Kompetenzen, wie etwa für Bestellung und Abberufung der Geschäftsführung.

Die für die Geschäfts– und Betriebsführung einer so großen und komplexen Organisation im Gesundheitsbereich unerlässlichen organisationsweiten Management– und Steuerungsinstrumente (Risikomanagement, Internes Kontrollsystem, Projekt– und Prozessmanagement, Beschaffungscontrolling etc.) waren nicht oder nicht in ausreichendem Maße implementiert

Aufgrund des fehlenden Gesamtkonzepts war auch für die weitreichendste Änderung – die Einführung eines Vorstandskein inhaltlicher und strategischer Kontext gegeben.

Bei der Zusammenführung jener Organisationseinheiten, die nunmehr den Vorstandsbereich HCM bilden, waren die vormaligen Führungskräfte und deren Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeiter mehr als ein halbes Jahr keinen Programmbereichen bzw. Themen zugeordnet.

Da der KAV eine Unternehmung im Sinne des § 71 Wiener Stadtverfassung war, bestand keine rechtliche Grundlage für eine Geschäftsführung durch ein Kollegialorgan. Trotz eines – im Vergleich zu den Mitgliedern des Vorstands bzw. der Geschäftsführung von als Kapitalgesellschaften eingerichteten Unternehmen des Bundes – geringeren Maßes an Verantwortung lagen die Gehälter der Vorstandsmitglieder des KAV jedoch deutlich über dem branchenübergreifenden Durchschnittswert von Kapitalgesellschaften mit Bundesbeteiligung.

Der Generaldirektor erließ weder nach der Änderung der Geschäftsordnung 2013 noch nach der Änderung 2015 eine entsprechend angepasste, neue Geschäftseinteilung. Dies hatte unter anderem zur Folge, dass die Zuständigkeiten der neuen Vorstandsbereiche, wie SSC Betrieb, SSC Einkauf oder HCM, nicht verbindlich geregelt waren. Erst Ende Februar 2016 erging schließlich eine neue Geschäftseinteilung.

Das von der Stadträtin eingerichtete Aufsichtsgremium beschäftigte sich – trotz seines Auftrags, die Umsetzung der strategischen Ziele zu kontrollieren – nicht mit einem unternehmensweiten Risikomanagement im KAV; die Stadträtin forderte dies auch nicht nachvollziehbar ein.

Entgegen den Vorgaben in den Bezug habenden Erlässen fasste das Aufsichtsgremium nur in Einzelfällen inhaltliche Beschlüsse; in diesen Fällen war häufig nicht erkennbar, ob diese einstimmig oder mehrheitlich zustande kamen.

Hinsichtlich der Vorgangsweise hielt der RH kritisch fest, dass erst der Erlass vom Jänner 2014 eindeutig regelte, worüber und in welcher Form das Aufsichtsgremium tätig werden sollte. Weiters bemängelte der RH, dass der Erlass sowie die Geschäftsordnung für die Generaldirektion des KAV hinsichtlich eines Aufgabenbereichs (Interne Revision) des Aufsichtsgremiums vom Statut abwichen.

Der RH empfahl daher der Stadt Wien, auf die Einhaltung der Pflichten des Vorstands hinzuwirken, um in weiterer Folge eine effiziente, nachhaltige und den rechtlichen Grundlagen entsprechende Überwachungs– und Steuerungstätigkeit des Aufsichtsgremiums sicherzustellen.

Ein KAV–weites IKS (Internes KontrollSystem) fehlte nach wie vor. Dies, obwohl der KAV u.a. seit einem Erlass des Magistratsdirektors aus 2004 verpflichtet war, ein IKS einzuführen und seit Juni 2015 ein IKS–Konzept vorlag.

Das im KAV vorhandene Projektmanagement–Wissen wurde nicht organisationsweit gebündelt (z.B. Projektcontrolling); statt hausinternen Expertinnen und Experten wurden externe Beraterinnen bzw. Berater herangezogen, obwohl hohe Projektmanagement–Kompetenz im KAV bestand. Die im Jahr 2011 in der Generaldirektion eingerichtete Stabsstelle „Multiprojektkoordination“ (MPK) war für die Abwicklung der Projekte im Rahmen des Spitalskonzepts 2030 zuständig. Bei den MPK–Projekten fehlten wesentliche Teile eines Projektportfoliomanagements (z.B. gesamthafte Kapazitätsplanung über alle Projekte oder Projektrisikomanagement); auch das MPK–Projektcontrolling war unzureichend. Nicht klar war, wer im KAV für die Projektorganisation für große Bauprojekte zuständig war.

Im KAV bestand keine umfassende zentrale Übersicht über alle Rahmenvereinbarungen und –verträge; jene Vereinbarungen und Verträge, die von den Krankenanstalten abgeschlossen wurden, waren der Generaldirektion oft gar nicht bekannt.

Seit Jahren bestanden innerhalb des KAV parallel zwei verschiedene Versionen eines Enterprise–Resource–Planning–Systems (Software, die sämtliche in einem Unternehmen ablaufenden Geschäftsprozesse unterstützt), was zusätzlicher Abstimmungen und Schnittstellen bedurfte. Auswertungen und Budgets waren dadurch nicht KAV–weit allgemein vergleichbar. Zur Unterstützung bei der Zusammenführung der beiden Versionen beauftragte der Vorstand ein externes Beratungsunternehmen. Diesem Auftrag lag ein Beratungsvertrag zugrunde, dessen Leistungsgegenstand so allgemein formuliert war, dass allein 2015 (Laufzeit des Vertrags bis 2017) Leistungen für mehr als 2,2 Mio. EUR für unterschiedliche (Groß)Projekte abgerufen wurden.

Bis zum Jahr 2014 (Budget 2015) erstreckte sich die Planung im KAV über die Monate Mai bis August. Danach forderte die Stadt Wien zusätzlich die Mehrjahresplanung per Mai ein. Durch den vorverlegten Abgabetermin war der KAV gezwungen, bereits im Jänner mit der Budgetierung zu beginnen. Aufgrund der Verlängerung des Planungsprozesses um rund vier Monate mussten die Planwerte oftmals verifiziert und überarbeitet werden, was erhebliche Personalkapazitäten band.

Eine langfristige Strategie des KAV für den Vorstandsbereich Personal war für den RH nicht ersichtlich, zumal im KAV nur Personalverwaltung stattfand und wesentliche Elemente eines Personalmanagements zur Zeit der Gebarungsüberprüfung fehlten.

Die Leitung des Vorstandsbereichs Personal wäre ehestens dauerhaft mit einer dafür qualifizierten Person zu besetzen.

Hinsichtlich der Personalführung erhöhten in manchen Fällen unstrukturiertes Vorgehen des Vorstands und über einen langen Zeitraum unvollendete Konzepte laut Ergebnissen von Mitarbeiterbefragungen die Unsicherheit sowie Unzufriedenheit der Belegschaft. In der Generaldirektion fanden Mitarbeiterorientierungsgespräche nicht überall und regelmäßig statt.
Personalauswertungen wurden im Wesentlichen von einem einzigen Mitarbeiter erledigt. Der Magistrat stellte der Generaldirektion Personaldaten nur sehr eingeschränkt zur Verfügung.

Seit dem Jahr 2012 verdreifachten sich die Gesamtkosten für externe Beratungsleistungen nahezu (2015: 16,98 Mio. EUR). Insgesamt gab der KAV im Zeitraum 2012 bis 2015 48,23 Mio. EUR für externe Beratungsleistungen aus, davon die Generaldirektion 37,25 Mio. EUR. Dies vor dem Hintergrund, dass vor der Beauftragung von externen Beratungsleistungen keine nachvollziehbaren Kosten– Nutzen–Analysen durchgeführt wurden.

Leistungen, die Dienststellen des Magistrats für den KAV erbrachten, mussten daher finanziell abgegolten werden. Dies betraf bspw. die von der Magistratsabteilung 6 für die Krankenanstalten des KAV erbrachten Buchhaltungsdienstleistungen.

Dem Gemeinderat waren als oberstes Organ der Stadt Wien gegenüber dem KAV wesentliche (Aufsichts–)Befugnisse vorbehalten.

Im letzten entsprechenden Erlass hatte der Magistratsdirektor die Befugnisse des ehemaligen Generaldirektors aber dahingehend erweitert, dass einzelne Dienstpostenumwandlungen innerhalb aller Berufsgruppen der Unternehmung möglich waren, sofern sich der Gesamtrahmen des Dienstpostenplans nicht änderte und das Ausmaß der Änderungen 3 % der Gesamtanzahl der systemisierten Dienstposten des KAV nicht überschritt. Dieser Erlass stammte jedoch aus dem Jahr 2005 und war mittlerweile außer Kraft. Seither traf der Magistratsdirektor entsprechende Festlegungen nicht in Erlassform, sondern zweimal per Schreiben (2010 und 2013/2014) an den Generaldirektor des KAV; er erweiterte darin die Möglichkeiten der selbstständigen Wahrnehmung der Personalangelegenheiten durch den Generaldirektor neuerlich. So lag die Grenze für das Ausmaß der Änderungen der Gesamtanzahl der systemisierten Dienstposten des KAV nunmehr bei 5 %. Änderungen, die über diese vom Magistratsdirektor festgelegten Ermächtigungen hinausgingen, oblagen weiterhin den zuständigen Dienststellen des Magistrats.

Nachvollziehbare Erläuterungen darüber, wie durch die Neuerungen im Statut eine größere Eigenständigkeit des KAV erreicht werden sollte, fehlten auch in den Materialien zum Gemeinderatsbeschluss.

Im Jahr 2013 änderten der damalige Generaldirektor, dessen Stellvertreter und der Direktor für Infrastruktur und Organisationsentwicklung in Absprache mit der Stadträtin die Aufbauorganisation der Generaldirektion – insbesondere durch Einführung eines Vorstands – grundlegend. Der damit eingeleitete Umstrukturierungsprozess dauerte an und wurde 2015 unter dem neuen Generaldirektor mit einer abermals geänderten Geschäftsordnung fortgesetzt. So wurde im Jahr 2015 die Zuständigkeit für die drei Vorstandsbereiche erneut geändert oder der gerade erst eingeführte Unternehmenszweig Support wieder aufgelöst.

Der RH empfahl daher dem KAV, in Zukunft zusammenzuführende Bereiche erst dann aufzulösen, wenn Aufbau und Rollenverteilung in der neuen Struktur bereits feststehen.

Laut Geschäftsordnung sollte der Vorstand in Verwirklichung diverser Zielvorgaben die Geschäfte der Unternehmung führen, obwohl er kein Organ im Sinne des Statuts des KAV war.

Der RH stellte kritisch fest, dass der Generaldirektor seine Zuständigkeit für sämtliche Schlüsselbereiche der Betriebs– und Geschäftsführung an die anderen Vorstandsmitglieder delegiert hatte, ohne im Rahmen seiner Richtlinienkompetenz mit den anderen Vorstandsmitgliedern Zielvorgaben zu vereinbaren.

Jede Abteilung entwickelte dabei ihre eigenen Standards (Handbücher, Formulare und Prozesse). Es existierten wenige Schnittstellen zwischen den Projektmanagement–Teams. Das Projektcontrolling war je nach Bereich unterschiedlich aufgesetzt.

Der Vorstand präsentierte im Februar 2016 auf Führungsebene sein theoretisches Modell für ein „Transformationsprogramm“; dabei handelte es sich um ein umfangreiches Umsetzungsprojekt zum Spitalskonzept, das aus Teilprojekten bestehen soll und an dem neben Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeitern von verschiedenen Abteilungen auch externe Beraterinnen bzw. Berater mitarbeiten sollen. Dieses Programm war aber zur Zeit der Gebarungsüberprüfung noch nicht gestartet; aus der vorgelegten Präsentation ging nicht hervor, ob die Stabsstelle „Asset–Management Spitalskonzept“ dabei eine Rolle spielen sollte.

Je nachdem, in welchem Bereich (z.B. Einkauf, Instandhaltungen, IT) solche Vereinbarungen/Verträge abgeschlossen wurden, erfolgte die Erfassung unterschiedlich, zum Teil auf einer Datenplattform, in unterschiedlichen Excel–Listen etc.

Der RH kritisierte, dass der KAV trotz der Größe seiner Organisation über kein aussagefähiges betriebswirtschaftliches und medizinisches Controlling verfügte. 

Der RH hielt kritisch fest, dass die Erledigung der Buchhaltung durch die Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeiter der MA 6 mit Reibungsverlusten belastet war.

Die Mehrjahresplanung bestand zum Großteil aus verbalen Beschreibungen und enthielt nur zwei Zahlentabellen („Finanzübersicht inkl. Maßnahmen“ und „Investitionen netto“) ohne konkretere Details.

Einige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hatten an sehr vielen Gremien bzw. Arbeitsgruppen und Jours fixes teilzunehmen.

Durch die Einbettung des KAV in den Magistrat der Stadt Wien ergab sich für die Unternehmung – mit seinem sehr personalintensiven Kerngeschäft – eine besondere Konstellation im Personalbereich. Der Magistrat der Stadt Wien hatte die Personalhoheit über die Bediensteten; eine enge Zusammenarbeit mit der Magistratsabteilung 2 (MA 2), Personalservice, und der Hauptgruppe II der Gewerkschaft der Gemeindebediensteten (HG II), war notwendig und führte mitunter dazu, dass sich die Umsetzung einiger Projekte oder Umorganisationsmaßnahmen verkomplizierte bzw. verzögerte.

Weiters teilte die Stadt Wien mit, dass der häufige Wechsel in den Führungsebenen in der Generaldirektion der letzten Jahre, aber auch die laufenden Änderungen struktureller und personeller Art, es erschwert hätten, das Mitarbeiterorientierungsgespräch in der Generaldirektion flächendeckend und regelmäßig mindestens einmal in zwei Jahren anzuwenden.

Es konnten z.B. weder Wechsel von Personen innerhalb einer Dienststelle noch Zu– und Abgänge im Personalstand automatisch nachvollzogen werden. Auch war nicht eruierbar, ob die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von den Dienststellen richtig administriert wurden (z.B. richtige Zuordnung zur Kostenstelle).

Wie die Tabelle zeigt, war insgesamt rd. ein Sechstel der gesamten Beratungskosten (rd. 6,18 Mio. EUR) weder einem Projekt noch einem Auftrag zugeordnet. Während dies 2012 noch rd. 62 % der Beratungskosten betraf, betrug dieser Anteil 2015 rd. 4 %; rd. 87 % waren nunmehr sowohl einem Projekt als auch einem Auftrag zugeordnet.

Der KAV vergab Anwaltsleistungen überwiegend im Wege von Direktvergaben; gemäß Bundesvergabegesetz 2006 war eine Direktvergabe nur zulässig, wenn der geschätzte Auftragswert 100.000 EUR nicht erreichte. Anhand beispielhaft ausgewählter Fälle stellte der RH Folgendes fest: – Vergleichsangebote für Anwaltsleistungen mit einem geschätzten Auftragswert unter 100.000 EUR waren in den Verfahrensunterlagen nicht dokumentiert. – In einigen Fällen wurde jeweils ein Anwalt mit offensichtlich zusammengehö- renden Beratungsleistungen im Sinne des Bundesvergabegesetzes 2006 einzeln beauftragt und der jeweilige geschätzte Auftragswert unter 100.000 EUR angesetzt. Eine nachvollziehbare Begründung für die Einzelbeauftragungen fehlte in den Verfahrensunterlagen jedoch.

Weiters wiederholte die Stadt Wien, dass die Empfehlungen des RH zur eigenen Rechtspersönlichkeit des KAV aktuell im Rahmen des Projekts „Wien Neu denken“ behandelt würden

Irgendwie kommt man da zum Schluss, dass die Probleme mit dem Abgang des Generaldirektors kaum gelöst sind, dazu sind m.E. die Kritikpunkte an Gemeinderat, Magistrat, Aufsichtsgremium und internen Strukturen und Vorgängen (insbesondere die Sache mit dem Bundesvergabegesetz) doch zu weitreichend, von der politischen Verantwortung der Stadträtin einmal ganz zu schweigen …
Es steht aber zu befürchten, dass das alles vom bundes- und landespolitischen Bäumchen-wechsle-dich-Spiel zugedeckt wird.

 

 

 

 

 

 

 

 

Written by medicus58

15. Mai 2017 at 18:52

Nehmen Sie Ihren Arzt in Haft(ung)

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Dass juristisches und ärztliches Denken mitunter kaum zur Deckung zu bringen ist, verwundert den Erfahrenen kaum.
Augenblicklich sorgt ein von der Presse aufgegriffener OGH Entscheid für Verwunderung, in dem verkürzt
eine Gynäkologin für die Fehler des beigezogenen Pathologen haftet, der Gebärmutterhalsabstriche mehrfach falsch befundet hat.

Wir wollen uns nun gar nicht darüber mokieren, dass die obersten Richter unseres Landes über einen Sachverhalt urteilen, den sie nicht einmal richtig schreiben können ( rechtzeitigen Behandlung der karzinomotösen Veränderungen), das wäre selbst mir zu billig.
Ich greife diesen Fall nur auf, weil er ein grelles Licht auf einige meist ausgeblendete Aspekte der ärztlichen Tätigkeit wirft:

1.) Medizin ist (auch wenn laut Herrn Travnicek berühmte Ärzte eben Chirurgen sind) stets Teamwork
2.) Ohne Vertrauensgrundsatz, dass andere Ärzte, aber auch andere medizinische Berufe wissen was sie tun, wenn sie eine staatlich anerkannte Ausbildung durchlaufen haben, kommt das Werkel zum Stillstand
3.) Teste sind nie zu 100% richtig, aber wie gehen wir damit um

Liest man sich die Urteilsbegründung (oben verlinkt) aufmerksam durch, so begründen unsere juristischen Weisen ihr Urteil damit, dass ein Patient nicht wissen kann, wer im Hintergrund aller dazu beiträgt, dass „sein Arzt“ zu einer Diagnose kommt und deshalb jetzt die Gynäkologin für eine verspätete Diagnose haftet,
die sie zwar mitverschuldet hat (weil angeblich ihre Abstriche nicht diagnostisch verwertbar waren), aber eigentlich auch auf das Verschulden des Pathologen zurückgeht, da der nicht darauf aufmerksam gemacht hat, dass die übermittelte Probe nicht ausreichend beurteilbar war.

Damit gelangt man für den vorliegenden Fall zum Ergebnis, dass sich die Beklagte – mangels jeglicher einschränkender Hinweise – zur Erbringung all jener ärztlicher Leistungen verpflichtet hat, die erforderlich sind, um der Klägerin letztlich eine der Sachlage entsprechende Einschätzung des Krebsriskos bekannt zu geben. Da sie – wie dargelegt – dabei auch für Fehler des von ihr als Erfüllungsgehilfen beigezogenen Nebenintervenienten einzustehen hat, können Erörterungen darüber, welcher Fehler in welchem Ausmaß der Beklagten und/oder dem Nebenintervenienten vorzuwerfen ist, unterbleiben; dies ist erst für die Regressfrage von Bedeutung.

Das hohe Gericht stößt hier in eine Eiterblase und widerspricht m.E. seiner Sicht aus 2010, wo der Oberste Gerichtshof ausdrücklich feststellte, dass ein Facharzt nicht für die Fehler seines Kollegen aus einem anderen Spezialgebiet haftet.

Der Unterschied zwischen beiden Fällen beruht meinem rechtlich ungeschulten Verständnis nach nur in dem Maß, wo man dem Patienten einmal nicht zubilligt zu wissen, dass sein Arzt einen Befund nicht selbst angefertigt hat und im anderen Fall schon davon ausgeht, dass er sich denken kann dass ein Behandler sich andere Konsiliarärzte bedient … Ich bin überzeugt, dass unsere juristischen Freunde darlegen können, dass in beiden Fällen zu Recht erkannt wurde … aber eigentlich geht es ja um etwas ganz anderes.

Wie ich hier immer wieder kritisiere, ist die Diagnostik sowohl in der Versorgungsforschung, der Gesundheitsökonomie, aber auch in der Lehre unterrepräsentiert.
(Interessierte mögen sich die hier angeführte Online-Vorlesung 1 Am Anfang war die Diagnose – Clinical Decision making Not only for Dummies  genehmigen)
Wenn überhaupt wird sie als lästiger Kostenfaktor gesehen und von einem one-stop-shop geträumt.

In Fällen wie diesen, holt uns das Nicht-Wissen um die Gesetzmäßigkeiten des Diagnoseganges ein.
Die in klinischen Studien publizierte Sensitivität und Spezifität eines Tests kann in der Praxis ganz anders aussehen …
Was aber selbst viele Ärzte nicht wissen, dass insbesondere in der Labormedizin, die auf einem einheitlich aussehenden Befundausdruck daher kommenden Laborwerte mitunter aus vielen verschiedenen Labors stammen.
Selten wird der Ultraschall und der CT in ihrem Röntgeninstitut von ein und derselben Person angefertigt und beurteilt, oft erfolgt die Beurteilung beider Untersuchungen völlig getrennt voneinander, alles andere wäre ökonomisch nicht darstellbar.
Wird das Blut (wie häufig gehandhabt) in der Ordi des Hausarztes abgenommen, würden unsere Richter wohl davon ausgehen, dass ein Patient das Recht hat zu glauben, dass sein Arzt das Blutbild noch selbst in der Türk’schen Kammer gezählt hat und vermutlich das Antibiogramm seines Lulus im Nebenraum bebrühtet wurde.

Der OGH kreidet der Beklagten auch an, dass sie nie beim Pathologen nachgefragt hat, ob denn die Abstriche eh diagnostisch verwertbar gewesen wären ….
In Analogie werden wir uns in Zukunft von jeder Patientin schriftlich bestätigen lassen müssen, ob die Harnprobe (z.B. für den Schwangerschaftstest), die sie aus dem WC bringt, auch wirklich von ihr stammt …
Ebenso könnten wir uns von jedem Labor die tägliche Eichkurve des Automaten auch gleich mitliefern lassen..
Wir werden zahllose Re-Biopsien machen, wenn die Pathologen darauf bestehen immer nur erstklassig beurteilbare Abstriche zu befunden.
(Überlegen Sie mal, würden Sie sich nicht auch im Zweifelsfall lieber der Veranwortung einer Diagnose entziehen, liebe Richter? Gerade Juristen brechen doch stets alles auf Formalfehler herunter, um Entscheidungen in der Sache treffen zu müssen … siehe Präsidentschaftswahlen …)
Können wir stillschweigend voraussetzen, dass der Patient der erstmals mit einem grenzwertigen Blutdruck zur Untersuchung erscheint, nicht ohnehin schon eine Dreier-Therapie an Antihypertensiva schluckt und uns das verheimlicht, um seinen Flugschein zu behalten?
Werden wir in jedem dieser Fälle eine Harnprobe veranlassen, um allf. Abbauprodukte eingenommene Medikamente nachweisen zu können, damit man uns das nicht vorwerfen kann?
Haben wir nun jeden MR zu wiederholen, wenn er kleine Bewegungsartefakte aufweist, die u.E. die Hauptdiagnose nicht beeinflussen?

Die Schlüsse unserer Höchstrichter sind innerhalb ihres Universums schlüssig, sie werden aber dadurch problematisch, dass sie sich offenbar nicht ausreichend damit beschäftigt haben, welche Kette von diagnostischen Schritten im Hintergrund abläuft und dass diese in der Praxis nur abläuft, wenn jeder hier für seinen Teilbereich die Veranwortung übernimmt. Das alles nur mehr unter dem Gesichtspunkt der Regressmöglichkeit zu sehen, schafft zwar Arbeitsplätze für Juristen, und scheint die Interessen der Patienten zu befriedigen, dreht aber die Schraube der Absicherungsmedizin wieder einen Grad höher.

 

 

Written by medicus58

11. Mai 2017 at 21:38

Veröffentlicht in Gesundheitssystem

Nicht mal die Schlümpfe kamen blau in den Dienst

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Ihr Medicus hat sich während seines Studiums durch Nachhilfe etwas Geld dazuverdient und damals von einem dankbaren Nachhilfeschüler diesen Arztschlumpf geschenkt bekommen.

Aufmerksame Leser dieses Blogs wissen, dass es  mit der Berufsbekleidung im KAV nicht immer zum besten Stand:

7/2015 Warum wir Ärzte aufbegehren: Die Seele dieses Menschen sitzt in seinen Kleidern. http://wp.me/p1kfuX-ZJ

Ob man sich meine damalige Kritik zu Herzen genommen hat, entzieht sich meiner Kenntnis, aber seit Monaten bekommen immer mehr Bereiche
statt der alten Wäsch‘ eine einheitliche
 blaue Funktionskleidung.

Offenbar hat einer der 40 Millionen Berater zur Reduktion der ungenützen Vorhaltekapazitäten geraten, denn nun hat nicht jeder Mitarbeiter mehrere personalisierten Sets an weißer Berufswäsche in seinem Spind, für dessen Tausch das Reinigungspersonal zuständig war, sondern muss sich, sollte er Hemd und Hose wechseln wollen/müssen,
nach Einwurf der getragenen Stücke persönlich am Wäscheausgabeautomaten anstellen, um einen (!) Ersatz aus blauer Kunstfaser in mehr oder weniger passender Größe zu holen.
Merke, jeder Mitarbeiter verbringt einen Teil seiner Arbeitszeit vor dem Automaten und die EDV stellt sicher, dass jeder sets maximal zwei Sets hat.
Aber wenigstens zwei Sets sind möglich, sonst sähe es vor den Automaten aus, wie im Tröpferlbad.

Hat aber der vorherige Träger des blauen Tuchs versehentlich sein Papiertaschentuch zurückgelassen, oder nicht vermerkt, dass er eine Naht gesprengt hat, hat man eben Pech und muss wieder zurück zum Automaten.

Auch der Patient, der zwischen Arzt, Pflege und Reinigungspersonal unterscheiden möchte, hat Pech, denn alle sind blau, … also blau gekleidet, um da nicht Gerüchte aufkommen zu lassen.

Kein Wunder, dass sich den Jüngeren unter uns, die sich nicht mehr an Maos blaue Ameisen erinnern können, der Vergleich mit den Schlümpfen aufdrängte und
alle nur mehr von der Schlumpfwäsche sprechen.

Aber als ich aber wieder meinen alten Arztschlumpf zur Hand nahm, sah ich unseren Irrtum.

Nicht einmal bei den Schlümpfen trug der Arzt blau, sondern war leicht an seiner weißen Berufserkleidung zu identifizieren,
nur im KAV …..

Written by medicus58

8. Mai 2017 at 16:52

Bist Du deppert

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Falls es jemand nicht gesehen hat:

Das schwer kranke Gesundheitssystem http://www.puls4.com/bist-du-deppert/staffel-5/Videos/alle-faelle/Fall-KAV-515000

Der Rechnungshof bescheinigt dem KAV: Er ist der teuerste Patient aller Zeiten! Das Krankenhaus Nord mit Mehrkosten von 224.000.000 Euro. Externe Beratungskosten in Höhe von 48.220.000 Euro, 128.000 Euro jährlich mehr Gehalt als üblich für einen Generaldirektor.

Written by medicus58

6. Mai 2017 at 12:47

Veröffentlicht in Gesundheitssystem

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Mehr Security als Lösung für ein Totalversagen der Patientenversorgung?

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Der Boulevard rastet aus:

Täglich Gewalt-Exzesse in den Wiener Spitälern

So brutal geht es in Wiens Spitälern zu

Man hat nun beschlossen, im Wilhelminenspital einen zusätzlichen Security-Dienstposten (24 Stunden) für den Personenschutz zu beschäftigen.
Der Security sollte in kurzer Zeit verfügbar sein„, heißt es aus dem Krankenanstaltenverbund (KAV)
.

Wird aber nix bringen!

Wir erleben einfach den multidimensionalen Kollaps in der Patientenversorgung als Folge gesundheitspolitischer Fehler seit Jahrzehnten:

  • Die Politik versprach den Wählern ein medizinisches Schlaraffenland (Wehsely: Wir sind rund um die Uhr für Sie da), obwohl seit Jahren ein extra- und intramuraler Rückbau eingeleitet wurde.
  • Der Anteil der Patienten, die sich ein Ausweichen in den privaten Sektor nicht leisten kann. nahm in Wien drastisch zu (Unterschicht).
  • Viele dieser Patienten kennen aus ihrer Heimat nur das Krankenhaus als Primärversorgung.
  • Die extramurale Patientenversorgung beim Hausarzt und im Bedarfsfall beim niedergelassenen Facharzt wurde von den Krankenversicherungen ausgehungert, die Wartezeiten -auch für gesundheitliche Banalitäten – sind unzumutbar.
    Den Kassen waren beschränkte Öffnungszeiten und rasche Überweisungen in die Spitalsambulanzen nur Recht, weil für sie kostenschonend.
  • Die intramurale Patientenversorgung war von ihren Ressourcen nur für schwer kranke, aufnahmepflichtige Patienten ausgelegt, musste aber immer mehr die offensichtlichen Defizite der extramuralen Versorgung abdecken.
  • Die Reform der Ärztearbeitszeit (inklusive der von WÄK und Personalvertretung akzeptierten Postenreduktionen) führten zu einer starken Verdichtung im Kerngeschäft und Schließungen von Spitalsambulanzen und -abteilungen, so dass noch weniger Ressourcen für die Versorgung von Selbstzuweisern zur Verfügung stehen.

Gemeinsam mit einem an allen Ecken und Enden zunehmenden Aggressivität in der Gesellschaft fliegt uns das nun allen um die Ohren.

Als Sofortmaßnahme kann so ein bulliger Security in der Notaufnahme schon kurzfristig helfen, wenn man aber das Problem ausschließlich so lösen will, freue ich mich schon auf Flughafen-ähnliche Verhältnisse in unseren Spitälern.
Dann wird ein Berater aufstehen und stolz vorrechnen, dass es vielleicht billiger gewesen wäre:

  • Den Wählern die Wahrheit zu sagen.
  • Bevölkerungswachstum als Begründung für die Verschuldung zu fördern, ohne für die notwendige Infrastruktur vorzusorgen.
  • Die bestehenden Primärversorgungssystem adäquat zu finanzieren und nicht viel Geld in ein paar politik-nahe PVZ zu pumpen und zu glauben, dass das kurzfristig die Versorgung verbessert.
  • Politisch und rechtlich hinter den im Gesundheitssystem Tätigen zu stehen, wenn diese rasch triagieren und Patienten mitteilen, dass ihr Problem nicht lebensbedrohlich ist und nicht akut im Spital gelöst werden muss!

Weiters greife ich Informationen vor, die ich noch nicht Zeit hatte hier zu diskutieren:

  • Dem Wahnwitz im aktuellen ÖSG Entwurf abschwören, in dem noch mehr Primärversorgung in die Spitalsambulanzen verschoben werden soll, ohne dass es hier zu einer adäquaten Raum- und Personalaufstockung kommt.
  • Aufhören Beratern zu glauben, die behaupten, dass der deutschen Sprache kaum fähige Patientengruppen durch Telefon-Hotlines (TEWEB) oder Health Literacy Aktionen abgehalten werden können, in die Spitäler zu laufen.

Written by medicus58

5. Mai 2017 at 18:46