Sprechstunde

über alles was uns krank macht

Archive for April 2024

Egal wie und ob man auf käuflichen Sex steht, das  Geschäft macht der Zuhälter. Ein paar Überlegungen zu Online-Diensten

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Egal wie und ob man auf käuflichen Sex steht, das Geschäft macht ein Dritter. Wie sehr das schon alle unsere Lebensbereiche betrifft, erleben gerade Gastwirte, die unter den Kommissionen von Lieferdiensten stöhnen.

Wiener Wirte wehren sich gegen Lieferdienste: „Foodora frisst unsere Restaurants auf“

Der zwingend erste Schritt nach dem reinen Geld-vermittelten Handel zwischen Verkäufer und Käufer war der Zwischenhändler, der die lokal nicht vorhandenen Waren ins Land brachte. Wie lukrativ das war, kann man zB in Venedig noch heute bewundern. Obwohl der Stadtstaat innerhalb seiner Stadtgrenze kaum etwas produzierte, reichten die Einnahmen für eine bis heute bezaubernde Fülle an Palästen und Kunstschätzen.

Natürlich lebten auch die Banken von jedem Warenaustausch, da für größere Geschäfte zuerst Geld vorgestreckt und dann gebunkert werden müsste. Dazwischen übernahmen Banken einen Teil des Risikos, das sie sich zwar fürstlich abgelten ließen, ermöglichten in kapitalistischen Systemen aber erst große Handelsgeschäfte. Sie beeinflussten zwar die Möglichkeiten, die die anderen Beteiligten in dem Warenaustausch hatten, trugen aber doch auch sehr viel zu seinem funktionieren bei.

In den letzten Jahrzehnten zwängen sich aber große Online-Spieler in diese Kette, deren Beitrag so gering, deren Ertrag so hoch und deren Haltung vergleichbar mit der eines Zuhälter ist.

Weil die hungrigen Kunden lieber mit ein paar Klicks sich lauwarmes Fastfood ins Haus bestellen, hat Foodora et al. das Gastgewerbe (und unterbezahlte Boten) inzwischen ebenso im Würgegriff, wie Amazon den Einzelhandel und die im Akkord auf eigenes Risiko arbeitenden Zusteller.

Und nicht zu vergessen, die Kreditkarten-Provider, die auch bei jedem Geschäft mitschneiden: beim Verkäufer ebenso wie beim Kreditkarten Besitzer.

Wenn man uns nun erklärt, dass die Beschränkung des Bargeldes i. e. L. dem Verbrechen, vielleicht auch den Zuhältern das Leben erschweren soll, sollten wir auch eine Erklärung einfordern, weshalb da eine neue Form der Zuhälterei toleriert wird, die bald mehr abschöpft als der, der das Produkt herstellt und diese dadurch umbringt. Oder holen wir Pizza und Bürger zukünftig auch aus China?

Written by medicus58

25. April 2024 at 10:43

Gusenbauer vs. Schüssel 2006 für alle die glauben Skandale und Verbalinjurien sind neu: Ein Déjà-vu

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Die Nationalratswahl 2024 erinnert mich etwas an das Jahr 2006. Ein „linker“ mäßig telegener SPÖ Kandidat, Alfred Gusenbauer, den die Partei aus reiner Verzweiflung an den Vorsitz gelassen hat, forderte die Rechte heraus, die ihm in Form des mit allen „rhetorischen und politischen Wassern gewaschenen“ Wolfgang Schüssel gegenüber sitzt. Aus heutiger Sicht ist das alles wohl kein Cliffhanger, denn jeder weiß, dass im Vergleich zu 2002 zwar auch die SPÖ Stimmen stimmen verloren hat, aber deutlich weniger als die ÖVP und somit am Ende die Wahl mit etwa einem Prozentpunkt Vorsprung gewann und wieder in einer GroKo endete.

Eine gewisse Parallele zu heute ergibt sich auch, dass das Kabinett Schüssel II eine etwas turbulente Vergangenheit hatte. Im Vergleich zur Post-Kurz-Ära zwar ein Kindergeburtstag (Türkis-Blau-Grün), aber Schüssel II setzte das Blau-Schwarz von Schüssel I zunächst als Schwarz-Blau fort, um nach der Spaltung des Koalitionspartners (Jörg Haiders BienenZüchterÖsterreischs) fliegend auf Schwarz-Orange zu wechseln.

Die Diskussion begann mit der „tiefen Sprache“ im Wahlkampf, obwohl Schüssel niemand von der SPÖ eine richtige Sau genannt hat. Gusenbauer lenkt ab. Schüssel meinte aber ohne mit der Wimper zu zucken, dass der Stil zwischen ihm und Gusenbauer ohnehin ordentlich läuft. Dann ging es zum Mega-SPÖ Skandal und Parteispenden. Ja, und damals, wie schon zu meiner Jugend ging’s um den Dauerbrenner Schulreform (Ganztagsschule) und Studiengebühren.
Beim Thema Arbeitsmarkt und den Pensionen wurde es dann härter. Blutig wurde es zum Thema des Pflegenotstandes und die Aktion der AK gegen die illegale Pflege, die auch im Hause Schüssel genutzt wurde. Jetzt war Schüssel der Umgangston seines Gegenübers nicht mehr so ordentlich:
Ich verstehe Ihre Schweißperlen auf der Lippe, mit diesem Untergriff haben Sie sich endgültig disqualifiziert. Ich würde niemals ihre Familie hereinziehen.

Am Ende dieser Diskussion stehen für mich zwei Dinge fest:
Erstens war der politische Umgangston schon immer unsachlich und polemisch und
zweitens haben sich weder die Problemkreise (Schule, Bildung, Pflege, Steuern, Gesundheitssystem,…) noch die Antworten, (Reden Sie’s nicht schlecht, mehr Eigenverantwortung, mehr Staat, mehr Arbeiten, Koalitionsansage nach der Wahl,…) geändert.

Einfach zum Nachschauen hier. Wer’s vergleichen will, für den hat die ORF TVThek das „TV Duell 1975 zwischen Kreisky und Taus“ vorrätig.

Ein paar Teaser:
Sechs Jahre Motivation
Ich muss bremsen, damit es Ihnen nicht geht wie gestern dem Herrn Westenthaler, der auch nicht ausreden konnte, weil die Zeit weg war
Da sind’s leider schlecht informiert
Das Versprechen eine bessere Bildung zu machen ist in den letzten vier Jahren leider nicht eingelöst worden. Wir haben heute Schulklassen wo in den Volksschulen bis zu 36 Schüler in den Klassen sind.
Reden’s nicht die Schulen schlecht, 90% der Eltern sind sehr zufrieden mit diesem Schulsystem
Österreich hat leider eine Akademikerquote die mit der der Türkei vergleichbar ist
„Ein Taferl“
„Bei Gusenbauer ist alles immer ganz einfach, in der Realisierung happert’s aber dann“
„Ich hab nix gegen Gewinne“
„Gusi: Es geht mir um die 3 Millionen Menschen die täglich zur Arbeit gehen und diesen Wohlstand schaffen.
Schüssel: Und das wissen Ihre Penthouse-Sozialisten a la Verzentnitsch und die Abfertigungskaiser a la Elsner, dass Sie jetzt da sitzen und die kleinen Leute vertreten?

Sie sind der Meinung 2€/h sind fair, dieser Meinung bin ich nicht
Der größte Skandal mMn ist das was heute die Arbeiterkammer angerichtet hat (illegale Pflege)“
„Sie sind der Angstmacher, ich bin der Mutmacher“
„Wollen Sie mit jemanden, von dem Sie sagen er wäre ein Lügner koalieren“

Gorbatschows Aphorismen zur Lebensweisheit

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Die Amerikaner haben einen großen Fehler gemacht. Sie haben lauter als alle anderen verkündet: Wir brauchen eine neue Weltordnung, die demokratischer und gerechter ist. Und dann sie haben sich als Erste von dieser losgesagt.

Meine erste Reise nach Kanada war umwerfend. Im Jahr 1983 habe ich mich dort sieben Tage aufgehalten, und in dieser Zeit haben es die amerikanischen Radiostationen fertiggebracht, mich zu begraben: Sie kolportierten, ich hätte auf einer Party bei einem Minister zu viel getrunken, dann einen Herzinfarkt gehabt und sei anschließend gestorben. Das ist trotz allem ihr Stil … und sie tun sich schwer, ihn loszuwerden.

Sie wollten keinen Sozialismus mit menschlichem Gesicht – und bekamen einen Kapitalismus mit unmenschlichem Antlitz.

Ein Begriff, mit dem man alles charakterisieren kann, was in unserem Land geschieht, ist das Wort Wirren.

Unter der Führung der USA peilte die NATO einen Kurs in Richtung Erweiterung des Bündnisses durch die Aufnahme der Länder Zentral- und Osteuropas an und begründete diese Entscheidung damit, dass die Sicherheitsarchitektur dies erforderlich mache. Sicherheit erfordert doch schon per Definition immer das Vorliegen einer Gefahr. Doch wer hatte wem gedroht? Wer zum Beispiel hat Polen, Ungarn und Tschechien gedroht, die in die NATO drängten und die ersten Kandidaten für einen Beitritt waren? Wenn es eine Bedrohung gab, warum schrillten dann nicht die Alarmglocken, warum wurde keine Sitzung der Organe der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), des Europarats und des UNO-Sicherheitsrats einberufen?

Anfangs schaffte es Russland nicht, eine ablehnende Haltung einzunehmen – zur Zeit seines Besuchs in Polen 1993 unterzeichnete Jelzin sogar eine Erklärung, nach der es den russischen Interessen nicht widersprach, dass Polen in die NATO eintrat. Später hat sich unser Land besonnen und erklärt, dass es mit dem Erweiterungskurs des Nordatlantischen Bündnisses nicht einverstanden sei. Doch die Position Russlands wurde de facto gar nicht berücksichtigt.

Dieses Argument, das auf den ersten Blick unbestreitbar war, setzte jedoch voraus, dass man Russland als eine Art Außenstehenden in den Fragen der gemeinsamen Sicherheit betrachtete. Das Maximum, zu dem die Amerikaner bereit waren, bestand darin, die bittere Pille etwas zu versüßen. Aber das änderte nichts daran: Die Beziehungen zwischen Russland und dem Westen hatten einen irreparablen Schaden erlitten.

Das neue Russland: der Umbruch und das System Putin
Buch von Michail Sergejewitsch Gorbatschow 2015 (!)

Gorbatschows Aphorismen stammen auch aus diesem Buch. Er starb im August 2022.

Written by medicus58

10. April 2024 at 11:21

Veröffentlicht in Herrgottswinkerl

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A Wurstsemmerl für’s Wili

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Seit den negativen Schlagzeilen um das Krankenhaus Nord (Klinik Floridsdorf) versucht der Wiener Gesundheitsverbund Stimmung zu machen, in dem er verspricht alle seine verbliebenen Standorte neu zu bauen. Man ist nun geneigt zu schließen, dass, wenn man sich einen Generaldirektorin Stellvertreter, dessen offensichtliches Hobby (Für die Groß-Baustellen in Wien wurde einst in Klagenfurt „geprobt“.) der Spitalsbau ist, holt, es nicht wundert, dass der glaubt alle Probleme, die die stationäre Gesundheitsversorgung in Wien hat, baulich lösen zu können. Aber auch der private Sektor, sieht seine Zukunft im Neubau: Am Grundstück der heutigen Privatklinik Confraternität in der Josefstadt ist ein gemeinsamer Neubau der Privatkliniken Goldenes Kreuz und Confraternität geplant.

Das Abreißen, nicht zuletzt von Krankenhäusern/Pflegeheimen, und die architektonisch und ökologisch hinterfragbaren Ergebnisse wurden an einem Beispiel hier sehr gut dokumentiert:
Sophienspital: Gebäude nach nur 24 Jahren wieder abgerissen

Milliardenpaket für Wiens ehrwürdige Krankenhäuser, jubelte die Krone und zählt die geplanten Projekte zum x-ten mal auf, so wie Generaldirektorin-Stellvertreter Herwig Wetzlinger: „Wir hatten in diesem Frühjahr schon einen Spatenstich in der Klinik Favoriten und sind bei der Modernisierung unserer Kliniken insgesamt auf einem guten Weg.“ In der Klinik Ottakring wird es nach Abschluss der Modernisierung statt derzeit 80 Pavillons vier große Gebäude geben. Mit einer Investitionssumme von 1,4 Mrd. Euro handelt es sich um das größte der WIGEV-Modernisierungsprojekte. Anderswo spricht man von 5 oder 8 Milliarden, aber jetzt wird gefeiert:

Die Klinik Ottakring lädt deshalb anlässlich des Spatenstichs alle Mitarbeiter*innen zu einer Baustellenjause to go ein – standesgemäß gibt es eine Wurstsemmel und für alle, die kein Fleisch essen eine Käsesemmel oder einen Apfel als gesunde Alternative als take away.

Wir wollen uns jetzt gar nicht am Thema Wurstsemmel und Spiele abarbeiten und kennen aus eigener Erfahrung, dass einige der alten Gebäude wirklich nicht kostengünstig sanierbar sind, nur löst der WiGEV mit seinem Plan vielleicht die Probleme der Bauwirtschaft, aber weder das Personalproblem noch das Gangbettenproblem einer explodierenden Bevölkerung.

Ein Blick in den RSG 2025 zeigt uns, dass schon jetzt der 2018 Stand der systematisierten Akut-Betten (11.196) mit 10.103 tatsächlichen Betten nicht bespielt werden konnte und für 2025 um über 5% abgesenkt werden soll.

Ich finde im Netz leider keine Zahlen zu den in den um- oder neugebauten Kliniken dann vorhandenen Betten und für 2050 haben wir noch keinen RSG, aber die Zahlen die ich aus meiner beruflichen Tätigkeit aus zwei Einrichtungen kenne (aber ohne Link nicht hier reinschreiben kann), deuten darauf hin, dass das noch weniger als jetzt sein obwohl sich die Wiener Bevölkerung von 2022 1.960655 auf 2050 2.278.068 vermehren wird. Da die Wanderungsgewinne die prognostizierte Geburtendefizite übertreffen (Statistik Austria) und auch dadurch das Stärkstes Bevölkerungswachstum im Pensionsalter auftritt, dürfte 2040 die Bevölkerung ab dem Alter von 65 Jahren um 45,5 % (bzw. rund 804 000 Personen) größer sein als 2022.

Da kann sich die Bauindustrie noch auf Impulse freuen, wenn Generaldirektorin Stellvertreter Wetzlinger bereits den Ruhestand genießt. Um aber Peter Hackers Versprechen (Wer in Wien medizinische Versorgung braucht, bekommt diese in unseren Kliniken rund um die Uhr, an 365 Tagen im Jahr.) zu gewährleisten wird das zu wenig sein. Ein Krankenhaus benötigt Personal und Betten, so einfach ist das.

Written by medicus58

4. April 2024 at 12:17