Sprechstunde

über alles was uns krank macht

Archive for November 2022

ARGE Patientenanwälte werden aktiv, man fragt sich nur für wen

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Der Wiener Patientenanwalt Gerhard Jelinek warnte gestern vor einer besorgniserregenden Situation in den Spitälern. Überall fehle Personal, Operationstermine müssten verschoben werden, in den Spitalsambulanzen gebe es zum Teil lange Wartezeiten. Qualitätsverluste würden immer sichtbarer, eine ordnungsgemäße Behandlung könne nicht mehr überall gewährleistet werden.

Über die mitunter verwunderlichen Positionen der Patientenanwälte haben wir uns hier schon öfters gewundert:
Wessen Anwalt ist denn ein Patientenanwalt?
Hat da Sigrid Pilz was verschlafen?

Wenn Jelinek nun als Akut-Lösung bessere Bezahlung und ein „Schmerzensgeld für die Mehrbelastungen durch Corona & Co“ vorschlägt, dann kommt er ja fast forsch rüber.

Vor drei Wochen hat er anlässlich von 30 Jahre Wiener Pflege, Patientinnen- und Patientenanwaltschaft noch ganz anders gesprochen: Ich bin prinzipiell von der hohen Qualität unseres Gesundheitssystems und Pflegewesens in Wien überzeugt. Trotzdem bedarf es auf Grund der Komplexität der Strukturen und der Vielzahl von Fehlerquellen einer Einrichtung wie der Pflege- und Patient*innenanwaltschaft, damit sich Betroffene niederschwellig und kostenfrei mit ihren diesbezüglichen Anliegen an uns wenden können.
In einem Interview hat er kurz vorher noch von keiner wirklichen Zunahme von Beschwerden und Wartezeiten berichtet, als schon alle Eingeweihten wusste, wie es um das System bestellt ist..

Auch Patientenanwalt Bachiner hat scheinbar die Richtung gewechselt.

2018 hat er den politischen Bestrebungen die ärztliche Tätigkeit in den virtuellen Raum zu verlegen (Von der Fernbehandlung zur Telepathologie) noch flappsig mitgetragen:
„Bis jetzt haben wir keinen Hinweis, dass Patienten mit Onlinediagnose schneller sterben“.
Jetzt ruft er plötzlich Rechtsbruch, als die Kronen Zeitung leakte, dass die Generaldirektion des Wiener Gesundheitsverbundes intern die Weisung gab, abgesehen von Notfällen, nur mehr Wiener zu behandeln.
Im Februar 22 stand er auf der Seite der Gesundheitskasse und trommelte Österreich ist das letzte Land in der EU, das den ÄrztInnen uneingeschränkt erlaubt, Medikamentenmarken und nicht die benötigten Wirkstoffe für die Behandlung der PatientInnen zu verschreiben.
Wo da der Patient, dessen Anwalt er doch eigentlich sein soll, profitiert entzieht sich mir gänzlich, spätestens wo ich selbst die Erfahrung gemacht habe, dass der „Nachgeschmack“ eines bestimmten Genericums eines „Allerweltsmedikaments“ mir zunehmend mein Leben vergällte. Für den Apotheker hat eine geringere Vorratshaltung natürlich Vorteile.


Als im Zuge der Zusammenlegung der Gebietskrankenkassen, die Interessen der Patienten mit Füssen getreten wurde, was am Sonntag in der Pressestunde selbst vom jetzigen Chef der neuen Gesundheitskasse kritisiert wird, weil sie die Regeln der Selbstverwaltung missachtete, wartete man vergeblich auf Kritik der Patientenanwaltschaft.

Wenn der Pröll Intimus Bachinger im Vorjahr zu Beginn einer NÖ Impfkampagne dann noch von sich gab, dass die Impfung ein wichtigstes Mittel ist, um die Gesellschaft zusammenzuführen, hat er seinen Einsatz vielleicht gut gemeint, sein Gespür für die Menschen hat er damit kaum unter beweis gestellt.

Nach 22 Jahren verlässt der gelernte Jurist nun den Posten in der ARGE der PatientenanwältInnen und wird durch die PatientInnen- und Pflegeombudsfrau der Steiermark Dr. Michaela Wlattnig abgelöst.
Hoffnung könnte machen, dass diese schon im Juni 22 bemerkte, dass Der Personalmangel in den steirischen Krankenhäusern immer akuter wird: Viele Betten sind gesperrt und Operationen verschoben werden

Aber erstens ist sie auch Juristin, zweitens versprach sie das Werk ihres Vorgängers weiter zu führen und drittens wurde sie wie alle anderen PatientenanwältInnen von der Landespolitik eingesetzt. Also sind der Hoffnung enge Grenzen gesetzt, dass PatienenanwältInnen mehr alsdie Mietmäuler der jeweiligen Gesundheitspolitik werden können.

Written by medicus58

30. November 2022 at 15:17

Fragt mal, was das Land noch für Euch tut

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Ask not what your county can do for you schmetterte Kennedy bei seiner Inauguration dem Land entgegen. Er, der nur mit marginalem Vorsprung die Wahl gewonnen hat, fand nach seiner Rede bei 75% der. Amerikaner Zuspruch.

Wir Menschen sind schon ein eigenartiges Konstrukt: wir finden es gut von Multimillionären und Kabarettisten auf persönliche Opfer eingeschworen zu werden. Auf den Gedanken, dass wir alle, die mit unseren Abgaben den Staat finanzieren, ja ohnehin keine Geschenke zu erwarten haben, sondern von unterschiedlichen politischen Akteuren nur einen mehr oder weniger großen Anteil von dem zurück bekommen, was uns vorher abgenommen wurde.

JFK und sein Ghostwriter bastelten sehr lange an seiner Rede und bediente das psychologische Klavier so trefflich, dass niemand mehr daran denkt, diesen Kernsatz umdrehen zu können: Was tut unser Land (und seine an die Macht gewählten Kutscher) noch für uns?

Ein qualitatives Bildungs- und Gesundheitssystem, ist es längst nicht mehr. Ob es noch ein gerechtes Rechtssystem ist, mag von Berufeneren hinterfragt werden.

Seit vielen Jahren tippe ich auf diesem Blog unermüdlich, woran es im Gesundheitssystem krankt. Jetzt wo selbst die PR Profis in der Stadt Wien den Zusammenbruch des Gesundheitssystem in Wien nicht mehr schön redenen können, melden sich wieder all die Mietmäuler, die die letzten „Reformen“ beratend begleitet haben und fordern Reformen.

Ich frage mich, wie lange wir uns noch mit diesen Worthülsen abspeisen lassen ehe wir eine Antwort auf die Frage einfordern, was wir von unserem Land noch erwarten können, außer Korruption, Postenschieberein, Feindbilder und Solgans.

Written by medicus58

25. November 2022 at 09:13

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Das öffentliche Gesundheitssystem gleicht inzwischen den öffentlichen Toiletten

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Kein Papier wo man es braucht, dafür massenhaft gebrauchtes am Boden, es riecht streng, und wer es noch woandershin schafft, der vermeidet es, das öffentliche Gesundheitssystem.

Wer wie ich seit Jahrzehnten dort arbeitet, den wundert der Verfall kaum und er wurde in Dutzenden Beiträgen hier aufgezeigt.

Seit Jahrzehnten wird es (übrigens wie das Bildungswesen, das Pensionssystem und das Bundesheer) reformiert und dadurch immer unreformierbarer.

Da dauernd an Schrauben gedreht wird könnte man doch glauben, dass rein zufällig mal was besser wird muss, aber weit gefehlt.

Warum ist das so?

Weil bewusst immer was anderes beabsichtigt wird, als das was vorgegeben wird, weshalb wer an einer Schraube dreht.

Wir haben zu wenig fertige Mediziner, d.h.  wir ändern den Fragenkanon der Aufnahmeteste, fragen aber nicht weshalb wir Menschen selektionieren, die zwar das Studium schaffen, die aber kein Interesse an dem erlernten Beruf mehr haben.

Wir beschränkten Studienplätze, förderten private Medunis um sich Steuergeld zu sparen und kaufen dann dort mit Steuergeld Studienplätze.

Wir vergeben Stipendien an Studenten, die sich verpflichten nach dem Studium in die Allgemeinmedizin zu gehen ehe sie noch so genau wissen können, ob sie sich für diese Rolle interessieren. Parallel dazu ändern wir das Rollenbild, suchen also nach den „alten Praktikern“, die die noch zu gründenden Primärversorgungszentren bevölkern sollen.

In den Spitälern werden immer andere Strukturen geschaffen, um die Defizite des niedergelassenen Bereiches auszugleichen, dabei haben wir längst nicht mehr genug Personal, um den ureigendsten Bereich abzudecken, schielen aber auf Gelder aus den Gesundheitsfonds.

Personalengpässe (zu wenig Ordis, zu wenig Spitalsärzte) werden durch Zusammenlegungen (Primärversorgungszentren, Doppelprimariate) aus der Welt geschafft, weil sich immer jemand findet, dessen Ego oder Geldbörse freut, wenn er nach oben Entwarnung gibt. Wenn die doppelten Defizite offenkundig werden, ist er entweder in der Hierarchie aufgestiegen oder in Pension.

Ganz banale Medikamente sind am österreichischen Markt nicht mehr zu bekommen, weil die Preisverhandlungen so erfolgreich waren, dass sich anderswo damit Geld verdienen lässt. Die Gesundheitskasse hat also doppelt gespart.

Beispiele fänden sich zahllose, die alle auf ein und dieselbe Erkenntnis führen:

Wenn es um Geld geht, hüte Dich vor denen die zur Hilfe eilen.

Written by medicus58

17. November 2022 at 16:41

Veröffentlicht in Gesundheitssystem

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Wegwerfen oder gleich wegwerfen: Recycling schwer gemacht

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Ein 12 Jahre alter CD Player (TEAC) gibt den Geist auf. Darf er zwar nach all den Jahren, obwohl er jetzt vorübergehend durch einen 27 Jahre alten (Philips) ersetzt wird, aber das Laufwerk war offenkundig noch OK und am Ausgang war ein Ton abzunehmen, nur halt extrem leise.

Als Wiener ist man ja zumindest in der glücklichen Lage, dass es „im Ort“ lizensierte Reparaturwerkstätten gibt, und natürlich hat man dafür Verständnis, dass die Fehlersuche Zeit und damit Geld kostet.

Der Kondensator kostet etwas weniger als 6 €, die ganze Reparatur etwas mehr als 240 €. Ein neuer CD Player ist so gegen 299 € im Handel (nach oben natürlich sind den Preisen kaum ein Limit gesetzt).

Ich freue mich, wenn das Teil wieder funktioniert und kann nur hoffen, dass die andeten Bauteile noch ein paar Jahre ihren Dienst versehen, genauso wie ich es bei einem DENON Kassettendeck gemacht habe, das nach 20 Jahren einen neuen elektronischen Bauteil brauchte.

Ich finde es auch super, dass es noch Menschen gibt, die so einen einzelnen Bauteil identifizieren können und nicht Berater, Esoteriker oder Bürokraten wurden.

Ich kann mir Gott-an-den-ich-nicht-glaube-sei-Dank, das auch leisten, auch wenn mein eigener Stundenlohn brutto (!) bei deutlich weniger als der Hälfte dessen liegt, was mir die Werkstätte verechnet.

Das mögen sich einmal alle Umweltschützer und Neoliberale auf der Zunge zergehen lassen: Der Markt regelt das so und der Gesunde Menschenverstand spricht dagegen.

Übrigens ist heute das 25 Jahre alte Backrohr ausgefallen.

Written by medicus58

13. November 2022 at 19:34

Veröffentlicht in Was im Alltag so alles nervt

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Soll er doch kündigen, der Primat

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Erst kürzlich haben wir hier thematisiert, dass den Vorstand des Wiener Krankenanstaltenverbund, pardon der heißt ja jetzt Gesundheitsverbund, Gefährdungsanzeigen nichtmal mehr zu Dutzenden so wirklich aufregt. Vermutlich auch deshalb die Umbenennung von Krankenanstalten- in Gesundheitsverbund, klingt einfach positiver, unaufgeregter.

Das war falsch.

Vor ein paar Tagen wurde klar, dass dem Vorstand Gefährdungsanzeigen doch wichtig sind und es war ihm eine langatmige Anweisung wert: Im Kern sind Gefährdungsanzeigen schon irgendwie wichtig, aber halt unter Berücksichtigung von allerhand drohend aufgezählter Vorschriften und i. d. R. im Dienstweg.

Heute schaffte es eine Meldung in die Medien, die zeigt, dass diesem Wunsch auch entsprochen wird:

Primar kündigt wegen Personalmangels

Der Ärztliche Abteilungsleiter, so heißt der ehemalige Primat heute, weil er schon längst zur dualen Führung degradiert und seines Sekretariats beraubt wurde und ihm Personalrekrutierung nur so weit erlaubt ist, wie weit ihn die Personalabteilung ins TalenLink lässt, zog die Konsequenzen, weil er einfach nicht mehr genug Personal hat, um seine Abteilung zu betreiben. Wie lange das schon ging, dass Personal ohne erforderliche Qualifikationen vor sich hinwerkte, konnte man aus dem Artikel nicht erfahren, aber die übliche Lösung des Problems: ein neues Doppelprimariat

Lücken werden bei uns geschlossen, indem man sie fusioniert.

Das Debakel hat sich übrigens schon längst abgezeichnet, als vor fast zwei Jahren die Kinderabteulung in Floridsdorf mitten in der Husten- und Schnupfen-Zeit im Jänner gesperrt wurde (Link).

Personalmangel hat man damals natürlich abgestritten, obwohl man parallel dringend nach Fachärzten suchte.

Es überrascht immer wieder, dass man noch immer glaubt durch Drohungen nach inben und punktuelles Abstreiten nach außen den Zustand der Patientenversorgung vernebeln zu können.

Wenn FP Nepp zur Lösung ein Köpferollen verlangt (Versagen Hackers gefährdet auch das Leben von Kindern), ist dies aber auch nur billige Polemik. Der aktuelle Zustand der Gesundheitsversorgung in Wien verlangt zuerst ein schonungsloses Eingeständnis des IST-Zustandes durch die Politik. Dazu gehört auch die Diskussion warum grad wer wo installiert wurde. Erst dann kann man neue Köpfe suchen, sonst dreht sich das Karussell von Wunderwuzzis und Ja-Sagern immer weiter, irgendwie so wie im Fußball.

Written by medicus58

6. November 2022 at 22:04