Sprechstunde

über alles was uns krank macht

Archive for April 2022

Ukraine: gegen das Chaos hilft nur Vorsorge

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Wurde schon einmal versucht Sie in der Öffentlichkeit zu bestehlen? Ich erlebte diese Versuche mehrfach, bestohlen hat mich letztendlich aber noch keiner.

Ganz typisch verlief es in einer relativ stark besetzten Lissaboner U Bahn. Plötzlich scharten sich um mich mehr Fahrgäste als im Rest des Wagons und begannen immer heftiger zu diskutieren.

Ich wurde immer bedrängter, Körper begannen sich an mir und meiner Tragetasche zu reiben. Bei der nächsten Station verließen plötzlich alle die Fahrgäste die um mich Chaos veranstalteten den Wagon, und einer der verbliebenen verkündete mir jetzt (!) sehr bedauernd, dass man mich nun wohl beraubt hätte und ich die Polizei rufen sollte.

Beraubt hat man mich nicht, aber wirklich, der Zipp in der Außentasche meiner Tragetasche war offen: das einzige, was aber dort drinnen war, war immer noch drinnen, ein Papiertaschentuch. Geldbörse, Pass und Wertgegenstände waren so verstaut, dass sie mir nicht entwendet hätten werden können, ohne mir die Tasche wegzunehmen oder an die Innentaschen der Weste zu gelangen, die ich unter dem Mantel trug.

Und der Zusammenhang mit dem Ukrainekrieg?

Wer jetzt bedauernd frägt, was man da noch machen kann, agiert wie der Mitreisende in der Lissaboner U-Bahn. Zuschauen, wie grundlos Chaos inszeniert wird, um dann eine Lösung zu suchen, ist naiv und fahrlässig. Die Lösung nicht bestohlen zu werden, musste davor gefunden werden.

Erstens muss ich mir klar machen was passieren kann:

An Signalen, dass sich in der Ukraine eine gewaltsame Auseinandersetzung anbahnt, hat es wahrlich nicht gefehlt:

Gleiche undemokratische Entwicklung nach 1990 (Oligarchen, Staatsstreiche, ausländische Interessen und Interventionen), Münchner Konferenz

Zwei im Korruptionsindex benachbart sehr tief stehende Länder.

Zwei Länder mit starker Waffenindustrie.

Zwei sehr nationalistisch bis rassistisch geprägte Länder.

Zweitens muss ich erkennen, was der Zweck des Chaos ist:

Streit um verschwundene Gasmengen.

Massive Interventionen der Russischen Föderation und der USA, die mal diese mal jene Marionette an die Macht brachten.

Russische Separatisten (grüne Männchen) in mehreren Regionen der ehemaligen UDSSR und Vorrücken der NATO.

Hätte man vorher mehr Geld in echte Diplomatie statt in Destabilisierung gesteckt, wären Kompromisse möglich gewesen und man hätte, wie in der U Bahn, das inszenierte Chaos ruhig abwarten können.

Jetzt scheint mir nur mehr ein Ausbrennen des Konfliktes möglich, wenn man nicht eine weltweite Afghanistanisierung, Irakisierung, Syrisierung oder Libyanisierung riskieren möchte. Die USA beabsichtigen dies scheinbar, Europa sollte da nicht mitgehen.

Mich erinnert das alles an das Ende des kalten Krieges in den 80er Jahren, wo die nicht unbegründete Angst in Mitteleuropa zum Schauplatz eines atomaren Stellvertreterkrieges zu werden, zu einer massive Friedensbewegung geführt hat. Einige politische Gruppen, die sich damals formiert haben, scheinen diese Lektion wieder vergessen zu haben.

Übrigens sieht man, wer Pazifist ist, nie im Frieden sondern immer erst im Krieg.

Written by medicus58

30. April 2022 at 14:49

Propagandakrieg gegen Gerhard Schröder

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Mit diesem Gruselfoto macht aktuell die NYT Stimmung gegen Ex Kanzler Schröder. Als dieser mit der Agenda 2010 das Sozial- und Rentensystem in treuer neoliberaler Gefolgschaft für die Kapitalmärkte aufbrach, hatte er in den USA und UK noch eine bessere Presse.

Wen wundert es da, dass das Deutsche Handelblatt sogar jetzt noch einen „sympatischeren Schröder“ ins Bild setzt, weil er (neben seinen persönlichen finanziellen Interessen) auch diese des Wirtschaftsstandortes zu retten verspricht.

Letztendlich versöhnlich, dass wir alle nur Salatblätter zwischen den Sandwichscheiben der Macht sind. Gelobt, solange wir parieren, verdammt wenn wir widersprechen. Der Unterschied liegt nur darin, mit wieviel Mayonnaise wir uns umgeben können.

Im Falle diese Totengräbers der Europäischen Sozialdemokratie spricht man von 20 Millionen €.

Written by medicus58

24. April 2022 at 10:23

Veröffentlicht in Renaissance der Aufklärung

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Und wieder ein Jahr mit Covid-19 auf Reisen

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Vor nicht ganz einem Jahr verstieg ich mich hier zu einem Reisen am Ende der Pandemie, my ass.

Ich gebe ja zu, auch dazwischen etwas auf Achse gewesen zu sein, nur hätte ich mir damals kaum vorgestellt, wie Reisen in Europa 2022 ablaufen würde.

Grüner Pass

Auch wenn er in der Theorie von vielen Ländern noch angesprochen wird, interessiert den niemand mehr seit seine Gültigkeit mehr behördlicher Willkür als immunologischen Wissens folgt.

Einreiseformulare EU dPFL

Zwar verlangen bzw verlangten einige Länder die elektronische Voranmeldung, hochtrabend EUdPFL genannt, weder bei der Einreise noch sonst wo findet sich jemand, der diesen Wisch kontrolliert. Die Sinngaftigkeit des The European Digital Passenger Locator Form kämpft mit Loriots Jodeldiplom um die hintersten Plätze. Auch lokale Zugänge einzelner Länder dienen ausschließlich der Beschäftigung vor dem Abflug.

Masken

Ja, es gibt sie, ja sie werden getragen, drinnen wie draußen, nur scheinen die Trageweisen als Nasenblitzer, Bartschoner, Beisskorb und Kinnschoner überhand zu nehmen. Vermutlich gelten sie in erster Linie als Quersubvention für die Gastro, da sie dort ganz legal fallen, bei Gästen und am späteren Abend auch bei Kellnern.

Was sich sonst noch geändert hat?

Nix. Der elektronische Boardingpass stimmt weiterhin nicht mit dem wahren Abflugterminal überein. Die Preise stiegen weiterhin. Flughäfen sind wie eh und jeh ein Quell stetiger Verwirrung: So oft können sie dort gar nicht angekommen sein, dass sie sich nicht über immer längere Wege, Baustellen, Provisorien und Überraschungen wundern. Und wer im Frühjahr den Unkenrufen der Branche glaubt, dass noch immer viel weniger los ist als früher, der wird sich über ausgebuchte Museumsslots wundern, die einen in die Hände maßlos überteuerter Guided Tours zwingen. Von den Massen am Petersplatz mal ganz abgesehen.

Skip the Line, das fiese Versprechen mit seinem bezahlten VIP Status an all den wartenden Trotteln vor so ziemlich jeder halbwegs berühmten Sehenswürdigkeit vorbei ziehen zu können, führt zu einem gewaltigen Loch im Budget und früher oder später zur Frage, wer sich da mit wem arrangiert hat.

Die hochgezogen Augenbrauen des Kellners im halb leeren Bistro, wenn man verschämt nicht schon vor Monaten ein Bittgesuch für ein Plätzchen eingereicht zu haben.

Vielleicht sind es noch die verordneten Mindestabstände in vielen Locations, die die Slots beschränkt haben, aber overtourism rules, again.

Written by medicus58

23. April 2022 at 17:06

Veröffentlicht in Reisen

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Wag the Dead

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Wer kennt sie nicht Berry Levingstons bitterböse 1997 Satire Wag the Dog über den inszenierten Krieg in Albanien, die dem US amerikanischen Präsidenten seine Wiederwahl sichern sollte. Der etwas schräge Titel zielte auf die mediale Machtmanipulation, die die wahren Verhältnisse auf den Kopf stellte, als ob es der Schwanz wäre, der den Hund wedeln würde.

Seit damals haben wir Ähnliches schon oft erlebt, vom zweiten Golfkrieg bis zur Lewinsky Affäre.

Wenn nun die Welt bewundernd auf einen ukrainischen Präsidenten blickt, der seine Wahl nicht zuletzt einer Politsatire (Diener des Volkes) verdankt, die die Ukraine in russischer Sprache für ein russisches Publikum als durch und durch korrupt und in der Hand ukrainischer Oligarchen porträtierte, kann ich mich nicht des Eindrucks erwehren, dass da erneut eine grausige Politsatire abläuft.

Selenskyjs Fernsehserie wurde u. a. von einem ukrainischen Oligarchen finanziert, gegen den sowohl in Russland als auch in der Ukraine Prozesse laufen, denen er sich durch Flucht entzogen hat.

The Guardian erinnert heute erneut daran, dass sich Selenskj mit den gleichen Beratern und Redenschreibern umgibt, die schon seine Fernsehserie schrieben.

Von Selenskyjs eigenen Finanzproblemen, Stichwort Pandora Papers ist nichts mehr zu hören, während dies noch letzten Herbst sogar im ORF Thema war.

Keine Frage, dass Russland die Ukraine völkerrechtswidrig angegriffen hat, nur ist der uns gebotene Plot, wenn wir in der Filmsprache bleiben, voller Löcher, Ungereimtheiten und Blendgranaten.

Wie schon so oft in der Geschichte werden das einzig Bleibende die Toten beider Seiten sein. Wofür sie auch immer geschlachtet wurden, für ihre Freiheit, für unsere Freiheit, für den Testfall aktueller und nicht mehr aktueller Waffensysteme, für EU und NATO Beitritt oder was auch immer, ob es das für sie wert war können wir sie nicht mehr fragen. Antworten werden uns vermutlich aber dieselben Drehbuchautoren, die sie in den Tod geschickt haben.

Written by medicus58

19. April 2022 at 11:44

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MedUni brennt? Nein, aber der Steuerzahler

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Erinnern Sie sich noch an die Studentenproteste 2009/10: Uni brennt? Im Wesentlichen ging es damals um Studienbeschränkungen, um die Ausgaben der öffentlichen Hand für die staatlichen Universitäten zu senken.

Inzwischen regt es niemanden mehr auf, dass es kaum ein Studium ohne Knock-out Aufnahmeprüfung für beschränkte Studienplätze gibt. Diesen Wahnwitz an den Medizinischen Universitäten habe ich schon 2019 unter Es mangelt nicht nur an Ärzten, es mangelt auch an Ehrlichkeit und Verstand beschrieben.

Immer mehr private Medunis mit immer höheren Studiengebühren entstanden und wenn einem schon das Mitleid mit denen, die dort abgezockt werden, fehlt, könnte man sich wenigstens als Steuerzahler darüber freuen, dass man sich die Finanzierung dieser Studienplätze an den staatlichen Unis erspart, aber weit gefehlt.

All diese Privatunis benötigen den Spitalsbetrieb der öffentlichen Krankenhäuser für die praktische Ausbildung der Studierenden. Ja, sie zahlen auch etwas dafür, nur stehen die überwiesenen Summen in keiner Relation zu den Kosten, die eine selbst betriebene Universitätsklinik aufgeworfen hätte. Mit anderen Worten subventioniert so die öffentliche Hand die Ausbildung an den Privatunis.

Das ist aber nicht alles. Seit 2019 subventioniert das Land Burgenland 5 Studienplätze an der Donau Privatuniversität Krems (DPU) für burgenländische Medizinstudenten. Ab kommenden Herbst wird das Kontingent auf 55 aufgestockt und steht auch Nicht-Burgenländern frei, wenn sie danach im Bundesland bleiben.

In drei Jahren sponsert dann das Burgenland eine Metastase der DPU in Pinkafeld.

Noch teurer sind die Studiengebühren an der Sigmund Freud Universität (SFU). Das Land Steiermark übernimmt nun, ohne Rücksprache mit der Grazer Meduni, dort die Studiengebühren für 60 Studierende, 9.000.000 Euro.

2016 ergab überdies eine parlamentarische Abfrage, dass die meisten Privatuniversitäten gar nicht wirklich privat sind (Link). Damals galten aber zumindest die DPU und die SFU als nicht direkt von Bundesländern, Städten, Kammern, Kirchen oder öffentlichen Unis geführt. Zumindest für deren Medizinstudien fließt aber nun auch reichlich Steuergeld.

Es wäre mE längst an der Zeit nachzurechen, ob der jetzige Weg nicht dem Steuerzahler viel teurer kommt, als hätte man die staatlichen Unis, die übrigens auch die Vortragenden an den Peivatunis ausgebildet haben, nicht gleich ordentlicher dotiert und die offenbar fehlenden Ärzte dort ausgebildet hätte.

Und man kommt ins Grübeln ob der Wahnwitz nur passiert ist, oder sich da (frei nach W. Ambros) wer ins Fäustchen lacht.

Written by medicus58

3. April 2022 at 23:28