Sprechstunde

über alles was uns krank macht

Archive for April 2015

Nordlichter, weshalb der Stadt für Ärzte und Pflege kein Geld mehr bleibt

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Wir bauen ein Spital im Norden,
wissen aber nicht wo (Heeresspital, ÖBB Gründe, …) ,
bauen aber in jedem Fall auf belastetem Untergrund,
Verschieben stetig Baubeginn (2010, 2011, ) und Betriebsbeginn (2011, 2015, 2017, ..) vor uns hin,
wissen nicht für wie viele Betten (450, 750, 785, 800, 850),

und haben kein Geld dafür und
suchen daher unter befreundeten Konsortien
jemand der uns das Geld vorstreckt (PPP),
suchen einen Generalplaner und machen es dann doch selbst ….

Welche Abteilungen wir aus anderen Spitälern abgesiedeln ändern wir je nachdem,
ob welche Immobilien (Steinhof, KH Hietzing, Gersthof…) wir wie verwerten wollen und  können
und auf diesem Weg gehen uns immer wieder ein paar Leute verloren

Wenn das aktuelle Profil titelt: 

Das Wiener Bauprojekt Krankenhaus Nord gerät aus den Fugen
http://www.profil.at/wirtschaft/wiener-bauprojekt-krankenhaus-nord-fugen-5625753

fehlt dem Uneingeweihten die Historie. Das soll hier kursorisch nachgetragen werden: 

KH NOrd

Copyright: http://visualbox.at/PDF/KHN.pdf

8.2.2005
In Wien-Floridsdorf wird bis zum Jahr 2011 ein neues Krankenhaus Nord mit 450 Betten entstehen. Das hat Sozial- und Gesundheitsstadträtin Renate Brauner (S) am Freitag im Rahmen der Klubtagung der Wiener SPÖ in Rust bekannt gegeben.
Nach 2011 könnte eine zweite Ausbaustufe mit weiteren 250 bis 300 Betten entstehen. Finanzieren will Brauner das Krankenhaus unter Einbindung privater Partner. In die ambulante Versorgung sollen die niedergelassenen Ärzte in Kooperation mit der Wiener Ärztekammer eingebunden werden.
Kosten: 250 bis 300 Mio. Euro
Wo genau es in Floridsdorf errichtet wird, ist noch offen. Das Heeresspital sei einer der möglichen Standorte, so die Stadträtin.
http://www.news.at/a/wiener-spitaeler-neues-krankenhaus-floridsdorf-2011-105577

2006 hat der KAV ein Auswahlverfahren zur Standortsuche durchgeführt, bei dem sich Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer gemeinsam mit Projektbetreiberinnen und Projektbetreibern um den Zuschlag bewerben konnten.

12. 2006
Im Dezember 2006 wurde die Eröffnung des Krankenhauses Nord für 2011/2012 projektiert, ein Jahr später revidierte man die Eröffnung auf 2013/2014. Laut Kontrollamt wird nun aktuell Mitte bis Ende 2015 mit der Inbetriebnahme gerechnet. Ein realistischer Zeitpunkt für die Inbetriebnahme des KH-Nord ist wohl eher Anfang der 20er Jahre angesiedelt.
http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20100527_OTS0259/vp-korosec-ad-wehsely-emergency-room-ist-der-kav-auf-dem-weg-dorthin

aber greifen wir nicht vor

7.12.2007
Am 5. 5. 2006 wurde die EU-weite Ausschreibung des Krankenhauses Nord veröffentlicht. Inhalt der Ausschreibung ist die Suche eines Partners, der über ein geeignetes Grundstück verfügt, Kenntnisse zur Errichtung eines Krankenhauses besitzt und ein Finanzierungskonzept vorlegen kannDerzeit ist das Verhandlungsverfahren in der 2. Phase. Im März 2008 wird eine Vergabeentscheidung über einen Standort erwartet.
http://www.wienkav.at/kav/ZeigeAktuell.asp?ID=11325

21.2.2008
„Der Standort für das neue Spitzenspital, das ab 2010 im Norden Wiens entstehen wird, ist fix„, erklärten heute Bürgermeister Dr. Michael Häupl, Finanz- und Wirtschaftsstadträtin Vizebürgermeisterin Mag. Renate Brauner und Gesundheits- und Sozialstadträtin Mag. Sonja Wehsely im Rahmen der SPÖ-Klubklausur in Rust. Das neue Spital im Norden Wiens wird rund 850 Betten zählen und neue Standards setzen.
http://www.wien.gv.at/rk/msg/2008/0221/017.html

Kritik, dass die Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz ungenügend wäre, wurde lange schroff vom Tisch gewischt, aber

Ende November nahm der Gemeinderat völlig überraschend mit den Stimmen der SPÖ- Gemeinderäte einen Antrag der ÖVP an, in dem einmal mehr die Verlängerung der U6 nach Norden verlangt wurde, zumindest bis zum Krankenhaus. Die SPÖ-Stadtregierung reagierte darauf verhaltenDie Stadt hatte die U6-Verlängerung entlang der Brünner Straße bereits 2003 geprüft und zeitlich nach hinten verschoben, da das Gebiet zu dünn besiedelt ist. Stattdessen soll die auf der Brünner Straße fahrende Straßenbahnlinie 31 beschleunigt werden. Mit dem Antrag wird die Variante jetzt zumindest noch einmal überprüft werden.
http://wiener-untergrund.at/planungen-u6nord.shtml

Im Jahr 2008 wurde vom Wiener Krankenanstaltenverbund in Kooperation mit der Architektenkammer ein offener, EU-weiter, zweistufiger Realisierungswettbewerb ausgeschrieben. Im Auswahlverfahren setzte sich ein Konsortium aus Porr/Siemens/Vamed mit einem Grundstück an der Brünner Straße nördlich der B3 durch.  Den Architekturwettbewerb gewann das Team um Architekt Albert Wimmer.
https://www.wien.gv.at/stadtentwicklung/projekte/krankenhausnord/

Aber …..

31.3.2010
Bisher wurde mit dem Bieterkonsortium Porr/Siemens/Vamed verhandelt – Nun wird doch nach einem Generalunternehmer gesucht
Kosten, Zeitplan, Qualität – an diesen drei Faktoren werde sich beim Bau des Krankenhauses Nord nichts ändern, versprachen Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SP) und der Generaldirektor des Krankenanstaltenverbundes (KAV), Wilhelm Marhold.
Sie präsentierten am Mittwoch überraschend eine neue Finanzierungsvariante für den Spitalsneubau in Floridsdorf:
Die Europäische Investitionsbank (EIB) gewährt der Stadt einen Kredit in der Höhe von 300 Millionen Euro, auch der Rest der für den Krankenhausbau veranschlagten 825 Millionen Euro soll über Kredite finanziert werden.
Das sogenannte PPP-Modell – also eine Public Private Partnership – ist damit vom Tisch.
Bisher hatte der KAV mit dem Bieterkonsortium Porr/Siemens/Vamed verhandelt, das das Krankenhaus bauen hätte sollen. Die Stadt hätte das fixfertige Spital dann geleast.
Warum genau es keine Einigung mit dem Konsortium gab, dazu wollten sich die Stadträtin und der KAV-Direktor nicht äußern. Man habe aber von Anfang an zwei Varianten verfolgt und sich jetzt eben für den Generalunternehmer entschieden. ‚
Die bisher von Porr/Siemens/Vamed erbrachten Leistungen wie Probebohrungen, Grundwasseruntersuchungen und diverse Planungsleistungen würden mit 9,2 Millionen Euro abgegolten. Eine Schadenersatzklage des Konsortiums sei vertraglich ausgeschlossen.
Ab Jahresende 2010 wird dann der Generalunternehmer EU-weit gesucht, bis Mitte 2011 soll das Millionenprojekt vergeben werden. Am Zeitplan ändere das nichts, 2015 wird der Teilbetrieb starten, ist Marhold optimistisch.
Auch an den Gesamtkosten von 825 Millionen Euro soll sich nichts ändern – diese Kalkulation erfolgte freilich auf der Preisbasis 2007.
Was die Kosten für den Krankenhausbau betrifft, rechnet Korosec (VP) mit einer bis 1,3 Milliarden Euro.

Die Grünen sind froh, dass die Europäische Investitionsbank die Stadträtin „zur Vernunft gebracht“ habe, schließlich sei deren Finanzierungszusage an eine korrekte EU-weite Ausschreibung gebunden.
http://derstandard.at/1269448663185/Wien-Krankenhaus-Nord-wird-neu-ausgeschrieben

Zwischenzeitlich bedienten wir den Boulevard mit Anklängen an „Nespresso-George„:

27.5.2010
Weniger Warten, kein Kompetenzwirrwarr: Das soll die Notaufnahme des Krankenhauses Nord bieten, österreichweit als einziges Spital mit echtem „Emergency Room“ „Sie kennen das vielleicht aus dem Fernsehen“, sagt Wilhelm Behringer, wenn er das Konzept der Notaufnahme erklärt, die im Krankenhaus Nord eingerichtet werden soll.
http://derstandard.at/1271377653162/Mai-2010-Der-Emergency-Room-am-Nordrand

Auch 2011 wird Prof. Behringer noch „über die Planung einer innovativen und effizienten Erstversorgung im Krankenhaus Nord in Form einer zentralen Notfallabteilung“ sprechen (http://www.medmedia.at/das-medizinprodukt/management-emergency-room/).
Intern war es eine ausgemachte Sache, dass Behringer („In Österreich dauert alles immer etwas länger“, beklagte Behringer) das Modell vorerst im neuen Spital in Floridsdorf umsetzen wird (KAV-Sprecherin: „Das ist mehr als eine Empfehlung.“ http://www.krone.at/Wien/KH_Nord_will_neue_Wege_in_Notfall-Versorgung_gehen-Vorbild_USA_und_Co.-Story-201896)

Im „Doktor in Wien“ vermeldet noch am 4/2015 die Ernennung Univ.-Prof. Dr. Wilhelm Behringer als Primarius im SMZ Floridsdorf (Abteilung für Notfallmedizin)
(http://www.progipark.com/AEK/DIW042015/HTML/files/assets/common/downloads/publication.pdf) jedoch hat er zu diesem Zeitpunkt den KAV schon längst wieder verlassen: http://www.wienkav.at/kav/flo/medstellen_anzeigen.asp?ID=3310

In den letzten Jahren haben aber auch eine Reihe anderer Personen (frei-)willig oder unwillig das Handtuch geworfen:
der für die Finanzen und für die Umsetzung des Neubaus zuständige StV-GD Dr. Maximilian Koblmüller wurde 2013 nicht mehr verlängert
Projektleiterin Mag. Alexandra Loidl-Kocher ließ sich karenzieren, verließ im Dezember 2013 den KAV, um inzwischen in der Wiener Standortentwicklung WSE (einem Teil der Wienholding) zu wirken (http://www.wse.at/#Team/424)
GDir. Wilhelm Marhold hat sich im Mai 2014 eher plötzlich in den Ruhestand versetzen lassen (Warum ordiniert der Generaldirektor wieder? http://wp.me/p1kfuX-Jg)
http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20140724_OTS0134/fp-lasar-pannenserie-im-kh-nord-reisst-nicht-ab

2.7.2014
Die aktuellen Prognosen der Wiener Stadtregierung belaufen sich für den Neubau in Floridsdorf auf 954 Millionen €. In der ersten Planungsphase war noch von 300 Millionen € die Rede – allerdings für eine geringere Bettenzahl.
Zehn Firmen haben zu ihrer Absicherung eine Beweissicherung des Status quo auf der Baustelle beantragt. Die beauftragte Rechtsanwaltskanzlei Willheim Müller bestätigt entsprechende Berichte der Presse und der Bauzeitschrift A3. Es handelt sich um die Unternehmen Bacon Gebäudetechnik GmbH & Co. KG, Cofely Gebäudetechnik GmbH, Elin GmbH & Co. KG, Klenk & Meder GmbH, Herbsthofer GmbH, Ortner GmbH, Caliqua Anlagentechnik GmbH, Wieselthaler GmbH, Markus Stolz GmbH und LSG Building Solutions GmbH.
Parallel dazu laufen Gespräche mit dem Bauherrn KAV (Krankenanstaltenverbund) zur Verbesserung der Baustellenkoordination, so die Auskunft der Kanzlei gegenüber dem WirtschaftsBlatt. Bei der Baustelle Krankenhaus Nord wurde kein Generalplaner im eigentlichen Sinn eingesetzt, sondern man hat viele einzelne Firmen beauftragt, was zu einem besonders hohen Koordinationsaufwand führt. Die von der Kanzlei vertretenen Unternehmen wollten sichergehen, dass sie nicht für Dinge haften müssen, für die sie nichts können.
http://wirtschaftsblatt.at/home/nachrichten/oesterreich/wien/3829942/-Beweissicherung-auf-der-Baustelle-Krankenhaus-Nord

20.8.2014
Ein „Wohlfühlspital“ soll es werden. Ein „Spital der Zukunft“, Vorbild für alle anderen europäischen Länder. Ein „Kempinski, in dem die Patienten wie in einem Hotel ein- und auschecken“. Die vorläufige ärztliche Direktorin des seit 2012 im Bau befindlichen Wiener Krankenhaus Nord, Sylvia Schwarz, kann ihre Begeisterung nur schwer verbergen. Man wolle weg vom „Rund-um-die-Uhr-Betrieb“. Die Behandlungszeiten sollen zukünftig tagsüber sein.

und für  Eingeweihte wurde damals schon klar, was seit dem 1.1.2015 im KAV explodieren wird ….

Das werde zwangsläufig auch eine Veränderung der Dienstzeiten zur Folge haben. Die Abschaffung der 25-Stunden-Schichten für medizinisches Personal sei denkbar, so Schwarz.
http://derstandard.at/2000004566541/Krankenhaus-Nord-koennte-ueber-eine-Milliarde-Euro-kosten

21.8.2014
Probleme mit der Statik
Einerseits mussten Statikpläne nachträglich korrigiert werden, andererseits schlitterte die mit dem Fassadenbau beauftragte Firma in Insolvenz, was zu Zeitverzögerungen geführt hat.
Um Zwischenfälle künftig zu vermeiden, holt sich der KAV als Bauherr externe Unterstützung. Mit drei Partnerunternehmen wurden Rahmenverträge geschlossen, um Koordinationsleistungen punktuell zukaufen zu können, berichtete Balazs.
Voll funktionstüchtig soll das Krankenhaus – gerechnet wird mit 46.000 stationären Aufnahmen und 250.000 Ambulanzbesuchen pro Jahr – noch im Laufe des Jahres 2016 sein.

Marhold geht und sein Nachfolger weiß, wie man ein Spital führt:

1.11.2014
Hurra, Terminambulanz! Ein Geschenk vom frisch gebackenen KAV Chef http://wp.me/p1kfuX-RP

14.1.2015
Wien: Prüfbericht kritisiert Spital Nord
Das Spital Wien-Nord wird 2016 nicht in Vollbetrieb gehen, der Kostenrahmen hält nicht. Das zeigt der Prüfbericht des Wiener Stadtrechnungshofes auf, der am Mittwoch veröffentlicht wurde.
http://diepresse.com/home/panorama/wien/4638593/Wien_Prufbericht-kritisiert-Spital-Nord

3,6 Steuermillionen bei Spitalsbau verschwunden
wie der aktuelle Stadtrechnungshofbericht zum Krankenhaus Nord zeigt. Unter anderem wurden hier bei knapp einer Milliarde Gesamtkosten 3,6 Millionen Euro versenkt.
http://www.krone.at/Wien/3.6_Steuermillionen_bei_Spitalsbau_verschwunden-Aufgedeckt-Story-434832

 

25. 4 2015

Aus Sicht des KAV bleibt es dabei, dass das Krankenhaus Nord im Jahr 2017 in Betrieb gehen wird, das ist gemeinsames Ziel des KAV und der Firmen und Arbeitsgemeinschaften, die an der Errichtung beteiligt sind.
http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20150425_OTS0044/krankenhaus-nord-groesstes-infrastrukturprojekt-in-wien-gut-aufgestellt

und da war dann noch:

Die Einschau zeigte, dass von der Unternehmung „Wiener Krankenanstaltenverbund“ die Entscheidung hinsichtlich der Realisierung eines Unit-Dose-Systems insbesondere auf Basis einer von Unwägbarkeiten geprägten Machbarkeitsstudie getroffen wurde. Das mit der Realisierung eines Unit-Dose-Systems verbundene Projekt wurde nach einer fünfjährigen Projektabwicklung eingestellt bzw. nicht weiterverfolgt. Dies resultierte vor allem daraus, dass die Entwicklung einer Verordnungssoftware als integrierendes Segment des Unit-Dose-Systems scheiterte.
http://www.stadtrechnungshof.wien.at/ausschuss/01/01-07-StRH-V-KAV-1-14.pdf

 

Unwahrscheinlich, dass Sie bis hierher durchgehalten haben, also hören wir auf …

e-Medikamentation

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Lesenswert

Written by medicus58

27. April 2015 at 10:12

Veröffentlicht in Allgemein

Zwischen den Welten: Treibt uns die Neugierde nach dem Anderen oder die Flucht vor dem Bekannten?

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Heute möchte ich es mir ersparen über die Untiefen unseres Gesundheitssystem zu räsonieren und stattdessen ein paar Gedanken der Rubrik Reisen (und dem Herrgottswinkerl) hinzufügen.

Es soll um zwei Europäer gehen, deren Lebensgeschichte mich vor allem deshalb fasziniert, weil sie trotz kurzfristiger Popularität in zwei ganz unterschiedlichen Kulturen letztendlich Fremde blieben, in ihrer Heimat und in der Ferne, deren Geschichte sie für einen Augenblick maßgeblich mitbestimmt haben.
Im Nachhinein haben sie die Welt viel weniger verändert, als es selbst aber auch die meisten ihrer Zeitgenossen geglaubt haben.

Es besteht kein Zweifel, dass sie voneinander wussten, obwohl ich keine Beweis kenne, dass sie einander jemals getroffen hätten.
Kairo wurde für den einen zum Ausgangspunkt seiner bemerkenswerten Karriere, ehe der andere geboren wurde und
London wollte von dem einen nichts mehr wissen, als der andere dort gerade auf einer Welle höchster Popularität schwamm.
Von Kairo aus zog der eine in den Sudan, während es den anderen etwas später  auf die arabische Halbinsel verschlug, beide standen am Beginn einer Konfrontation zwischen westlich-imperialistischen Interessen und islamisch-fundamentalistischem Nationalismus, die heute erneut blutig aufgeflammt.

Für mich geht es aber weniger um die geschichtliche Bedeutung dieser Biografien als um die Frage, was sie beide in die Ferne trieb und ob eine eventuelle Antwort auch für heutige Reisende gültig sein kann:

Treibt uns die Neugierde nach dem Anderen oder die Flucht vor dem Bekannten?

Slatin Lawrence

T. E. Lawrence (1888-1935) glauben viele durch Peter O’Tooles (http://wp.me/p1kfuX-JE) intensive Darstellung als Lawrence of Arabia zu kennen.

Der 21-jähriger Geschichtsstudent bereiste Syrien und Palästina und zu Beginn des ersten Weltkriegs bediente sich (angeblich) bereits der britische Geheimdienst seiner Sprach- und Ortskenntnisse. Seine Teilnahme am arabischen Aufstand zwischen 1916 und 1918  (wie groß seine Führungsrolle wirklich war, darüber existieren unterschiedliche Interpretationen) scheinen dank David Leans (http://www.imdb.com/title/tt0056172/) grandioser Verfilmung und seines Buches Sieben Säulen der Weisheit bekannt.

Trotz diskreter Andeutungen belässt der Film aus dem Jahre 1962 aber viele Aspekte der komplexen Persönlichkeit von Mr. Lawrence unausgelotet.

Manche sahen in ihm einen notorischen Lügner, da seinen Lebenserinnerungen einige Unstimmigkeiten aufweisen.
Einer seiner letzten Biografen scheiterte z.B. kläglich beim Versuch Sinai ebenso schnell zu durchqueren wie es Lawrence vorgab geschafft zu haben..

Seine sado-masochistischen Neigungen lassen sich auch aus dem Filmscript höchstens erahnen:
Gleich zu Beginn des Film verblüfft er seine Kameraden in Kairo damit, dass er die Flamme eines Streichholzes ohne mit der Wimper zu zucken zwischen Daumen und Zeigefinger ausdrückt und nach seinem „Trick“ gefragt antwortet er, dass der Trick darin besteht, die Schmerzen einfach zu ignorieren.
Als er gezwungen ist den Mann zu erschießen, den er vorher unter Lebensgefahr gerettet hat, ist sein Hauptproblem, diese Exekution genossen zu haben.

Welchen Anteil seine homosexuellen (aber möglicherweise nicht praktizierten) Neigungen an der Schwärmerei für die „Männergesellschaft der Beduinen“ hatte, ist unter den Biografen umstritten.
Einig sind sich jedoch die meisten, dass der von den Medien heroisierte Kriegsheld unter einem schwer gestörten Selbstwertgefühl litt, das sie auch für einige seiner schriftstellerischen Übertreibungen ursächlich verantwortlich machten. In jedem Fall hatte der in seine Heimat zurückgekehrte T. E. Lawrence wenig mit dem umjubelten Helden zu tun, zu dem er aus politischer Opportunität gemacht wurde und dessen Mythos er mit seinen eigenen Schriften noch verstärkt hatte.

Das führt uns zur wesentlichen Parallele zwischen den beiden Helden dieses Blogbeitrags: Sie suchten beide in fremden Gesellschaften die Anerkennung, die ihnen ihre eigene Umgebung zu versagen schien. Sie wurden zu tragischen Figuren, weil sie irgendwann erkennen mussten, dass sie letztendlich, trotz Karriere und medialer Anerkennung auch dort, ebenso wie daheim nur Fremde blieben.

Lawrence empfand sich in der klassenbewussten britischen Gesellschaft als Außenstehender, als einer der nicht dazu gehörte bzw. nicht den Platz einnehmen konnte, der ihm seiner Meinung nach zustand:

Seine schottische Mutter Sarah Junner war ein uneheliches Kind eines gewissen John Lawrence, so dass sie sich später Sarah Lawrence nannte.
Sein anglo-irischer Vater, Sir Thomas Robert Tighe Chapman, war der 7. und letzte Baron von Schloss Killua, der seine Gattin verließ als er das Kindermädchen Sarah Lawrence geschwängert hatte. Er zeugte mit ihr insgesamt neun Kinder, verweigerte aber die Ehe, so dass T. E. Lawrence ein Adelstitel verwehrt blieb. Seine Eltern verließen Irland und wechselten als Mr. & Mrs. Lawrence in Großbritannien häufig den Wohnsitz, um ihren gesellschaftlich inakzeptablen Status zu verbergen. Es darf also spekuliert werden, dass dieser Makel für den jungen Lawrence auch während seines Studiums im klassenbewussten Oxford stets spürbar blieb.
Einige Biografen erklären die Sehnsucht des späteren Lawrence of Arabia nach Aufnahme in der Stammeshierarchie der Beduinen folgerichtig mit dem Versuch dort die gesellschaftliche Anerkennung zu finden, die ihm daheim verweht bleiben musste. Wie distanziert Lawrence der britischen Gesellschaft gegenüber blieb zeigt auch, dass er nach seiner Rückkehr alle höheren militärischen Ehren und Ränge der britischen Krone verweigerte, da er zu Recht erkennen musste, dass er mehr benutzt als geschätzt wurde.

Diese Interpretation wird auch dadurch gestützt, dass Lawrence immer wieder betonte, wie sehr er von den Arabern als „einer der ihren“ akzeptiert wurde und natürlich trug er stolz die Stammestracht. Dieses Bild wird auch heute von den Reiseleiter im jordanischen Wadi Rum bedient, wenn sie Touristen zu Felsenreliefs in den Um Nfoos Bergen führen, die Lawrence mit arabischer Kopfbedeckung zeigen.
Liest man aber zeitgenössische arabische Historiker (http://www.al-bushra.org/arabwrld/lawrance.htm), dann wird klar, dass der Mann der in König Faisals Zelt empfangen wurde und sich als sein Berater wähnte, letztendlich aber auch für die Araber ein Außenstehender blieb, der ihnen nur den Waffennachschub der Briten sichern sollte.

Er selbst war sich seiner tragischen Rolle bewusst und bedauerte bis zu seinem Lebensende, dass er seine arabischen Freunden nach dem Zusammenbruch des Osmanischen Reichs nicht die ersehnte Unabhängigkeit bringen konnte:

„Die Geschichte auf diesen Seiten ist nicht die Geschichte der arabischen Bewegung, sondern die meiner Beteiligung daran. Es ist die Erzählung des täglichen Lebens, unbedeutender Geschehnisse kleiner Menschen. Hier gibt es keine Lektionen für die Welt, keine Enthüllungen, um die Menschen zu schockieren. Sie ist voll von trivialen Dingen, zum Teil deshalb, dass niemand die Überreste, aus denen ein Mann eines Tages Geschichte machen könnte, fälschlich für Geschichte hält, und zum Teil wegen des Vergnügens, das ich bei der Erinnerung an meine Beteiligung an dieser Revolte hatte. Wir alle waren überwältigt, wegen der Weite des Landes, des Geschmacks des Windes, des Sonnenlichts und der Hoffnungen, für die wir arbeiteten. Die Morgenluft einer zukünftigen Welt berauschte uns. Wir waren aufgewühlt von Ideen, die nicht auszudrücken und die nebulös waren, aber für die gekämpft werden sollte. Wir durchlebten viele Leben während dieser verwirrenden Feldzüge und haben uns selbst dabei nie geschont; doch als wir siegten und die neue Welt dämmerte, da kamen wieder die alten Männer und nahmen unseren Sieg, um ihn der früheren Welt anzupassen, die sie kannten. Die Jugend konnte siegen, aber sie hatte nicht gelernt, den Sieg zu bewahren; und sie war erbärmlich schwach gegenüber dem Alter. Wir dachten, wir hätten für einen neuen Himmel und für eine neue Welt gearbeitet, und sie dankten uns freundlich und machten ihren Frieden.“

T. E. Lawrence: Die sieben Säulen der Weisheit, Seite 850 (zitiert nach der deutschen Wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/T._E._Lawrence).
Dieses Buch, das in seiner ungekürzten Version 1997 wieder aufgelegt wurde und ein großartiges Hollywood-Epos haben die Erinnerung an einen Mann wach gehalten, der letztendlich in seinem Kampf um gesellschaftliche Anerkennung sowohl in seiner eigenen als auch in einer fremden Kultur gescheitert ist
Dies bringt uns zur zweiten Person dieses Blogbeitrages. Wie Lawrence ist er hoch gestiegen und verdankt seine Bekanntheit ebenfalls einem selbst verfassten Buch, das heute von mehreren US-amerikanischen Antiquaren angeboten wird. Im Gegensatz zum „Helden des arabischen Aufstandes“ ist er aber heute so gut wie vergessen, obwohl auch sein Leben 2012 kurzfristig über die heimischen Filmleinwände flimmerte:

Slatin Pascha – Im Auftrag Ihrer Majestät (Dokumentarfilm Österreich 2012, Fischer Film; Regie: Thomas Macho, Drehbuch: Thomas Macho. Kamera: Hermann Dunzendorfer) https://www.youtube.com/watch?v=FCujVjo_Olk

Über sein bewegtes Leben stolperte ich schon vor Jahrzehnten, als mich sein auffälliger Name auf einem Grabstein am Ober St. Veiter Friedhof neugierig machte.

Rudolf Slatin (1857 -1932) wurde als Sohn eines vom Judentum zum Katholizismus konvertierten Seidenfärbers 1857 in Wien geboren und nach einem bewegten Leben , in dem er es schaffte hohe militärische Ränge und Adelstitel von zwei Herrscherhäusern verliehen zu bekommen, 1932 als Sir Rudolf Carl Freiherr von Slatin Pascha am Fuße des Gemeindebergs im Sektor C, Reihe 7, Grab 7 des Ober St. Veiter Friedhofs begraben.

Nach dem vorzeitigem Abbruch der Handelsakademie ging der 17-Jähriger auf ein Inserat hin als Buchhandelsgehilfe nach Kairo (!) und lernte dann auf einer ausgedehnten Reise den Sudan kennen und lieben. Was ihn in die Ferne getrieben hat, bei Lawrence war es initial die romantische Begeisterung für die christlichen Kreuzfahrerheere, bleibt letztendlich unklar. Bedenkt man aber die unverhohlene Freude mit der er später alle Titel und Orden entgegennehmen wird, scheint auch bei ihm der Wunsch nach gesellschaftlichem Aufstieg ein wesentlicher Beweggrund gewesen sein. Ein Aufstieg der ihm in der österreichischen Gesellschaft als unerreichbar schien, zumal zu diesem Augenblick die finanzielle Lage seines Vaters äußerst prekär war. Ob die in der Wiener Gesellschaft und Armee sicher hinderlichen jüdischen Wurzeln ebenfalls eine Rolle gespielt haben, erschließt sich mir aus den mir bekannten Quellen nicht und weshalb der junge Mann, der vorher noch nie im Ausland war, sein Glück so weit entfernt von der Heimat suchte, bleibt letztendlich offen.
Außergewöhnlich war sein Verhalten in jedem Fall, aber Aussteiger im heutigen Sinn des Wortes war er keinesfalls, denn als ihn der Einberufungsbefehl erreichte kehrte er wieder in die Heimat zurück und diente ohne jedoch in der österreichischen Armee größere Aufstiegschancen vorzufinden.

Sein Bruder verdankte seinen gesellschaftlichen Aufstieg einem Zufall. Dr. Heinrich Slatin wurde von Prinz Rudolf Liechtenstein, dem Kaiserlichen Oberstallmeister, als jungen Mann in seinen Dienst geholt. Das gütige Auge des Kaisers fiel auf ihn, als er 1889 als Sekretär der Hofkommission mit der Untersuchung des Doppelselbstmordes von Kronprinzen Rudolf und seiner Geliebten betraut wurde. Sein pragmatischer und trotzdem diskreter Bericht wurde belohnt und er kletterte die Karriereleiter der Beamtenhierarchie (Kanzleidirektor, Hofrat, Sektionschef) hinauf und wurde schließlich 1906 vom Kaiser, gemeinsam mit seinem Bruder, geadelt.

Rudolf Slatin verließ jedoch nach Absolvierung des Militärdienstes in der k. & k. Armee erneut die Heimat und folgte schon 1879 auf Vermittlung eines Freundes  dem Ruf von von niemandem geringerem als Gordon Pascha, dem späteren Helden von Khartoum, um als ägyptischer (!) Offizier in den Sudan zu wechseln, um dort im Namen der osmanischen Vizekönige von Ägypten die Verwaltung in den besetzten Gebieten zu organisieren und den Sklavenhandel zu bekämpfen.
Zunächst Finanzinspektor, zerschlug er als Provinzgouverneur (Murdir) von Dara, erfolgreich lokale Aufstände, so dass er zum Gouverneur der gesamten Provinz Darfur, im Rang eines Bey, ernannt wurde. Glaubt man seinen eigenen Schilderungen hat er sich unter den Sudanesen eine gewisse Hochachtung erworben und fühlte sich bis zu seinem Lebensende der dortigen Bevölkerung tief verbunden. Im Gegensatz zu Lawrence blieb er jedoch mental beiden Kulturen verbunden.

Gegen die Besetzung des Sudans rief in dieser Zeit Muhammad Ahmad ibn as-Sayyid Abdallah als (der von Gott gesandte) Mhadi, den Dschihad aus, um im Sudan (kommt uns heute doch sehr bekannt vor !) ein Kalifat, also einen Gottesstaat zu errichten.

1885 wird der Mhadi nach der Erstürmung von Khartoum auch Gordon Pascha abschlachten lassen. Slatin Pasha geriet bereits 1883 in seine Gefangenschaft und konvertierte, was ihm lebenslange Schuldgefühle einbrachte, zum Islam. Dass er überlebte verdankt er vielleicht auch seiner rechtzeitigen Kapitulation vor der sudanesischen Übermacht. Für die britische Krone so zu sterben wie der große Gordon, wollte er offenkundig nicht.

Die folgenden zwölf Jahre lebte Slatin, als Gefangener und Sklave, zuerst des Mhadi und danach unter dessen Nachfolger dem Kalifen Abdallahi ibn Muhammad im neu geschaffenen Gottesstaat.
Trotz regelmäßiger Demütigungen seiner Herren, die ihn immer wieder als ihren wertvollsten Kriegsgefangenen vorführten, lebte er in relativem Wohlstand, wurde verheiratet und besaß einige Nebenfrauen. Er fungierte immer wieder auch als Berater und Übersetzer, wenn die Kalifen mit den Briten in Kontakt traten, konnte sich aber nie ganz sicher sein, nicht doch den Launen seines Gebieters zum Opfer zu fallen.

Wie Lawrence zwanzig Jahre später, machte Slatin erst die britische Presse zum weltbekannten Helden, als ihm unter abenteuerlichen Umständen und mit Unterstützung seines späteren Freundes, dem damaligen Chef des ägyptischen Nachrichtendienstes Francis Reginald Wingate, die Flucht zu den anglo-ägyptischen Truppen gelang. Sein Bericht über das Leben Hof des Kalifen (Fire and Sword in the Sudan, 1896) wurde instrumentalisiert, um die öffentliche Meinung für eine gewaltsame Beendigung der „Schreckensherrschaft der islamischen Fanatiker“ zu erreichen. Auch hier lässt sich eine Parallele zu Lawrence ziehen: Der amerikanische Journalist Lowell Thomas nannte Lawrence den „ungekrönten König Arabiens“, um die öffentlich Meinung für einen amerikanischen Kriegseintritt auf Seiten der Alliierten günstig zu stimmen, die sich kaum mit einem Krieg in der arabischen Wüste identifizierte.
Auch zu Slatins Zeiten waren die britischen Interessen primär auf die Sicherung des Suezkanals beschränkt und die Öffentlichkeit hatte wenig Verständnis für eine Involvierung in die innersudanesischen Kämpfe. Erst als die Gefahr wuchs, dass sich die Rebellion ausbreiten könnte, entschlossen sich die Briten einzuschreiten und benötigten eine entsprechende Stimmung im eignen Land.

Am 21. März 1895 erhob der Khediv von Ägypten Slatin zum Pascha und er sollte gleichzeitig den militärischen Rang eines Generalmajor erhalten. Die britische Armee hatte jedoch wenig Interesse, einem Ausländer eigene Truppen zu unterstellen, so dass er nur zum Oberst der ägyptischen Armee befördert wurde.
1896, beim Dongola-Feldzug gegen die Mahdisten  versuchte General Kitchener jedoch alles, um den Österreicher von der Front fern zu halten, trotzdem regnete es für Slatin in der Folge jede Menge an Auszeichnungen und er durfte nach einigen Privataudienzen Königin Victoria als persönliche Freundin bezeichnen, mit der er fortan in deutscher Sprache korrespondierte.
Mit der Ernennung zum Kommandeur des Order of St. Michael and St. George war er in den britischen Adelsstand erhoben worden und gleichzeitig erfolgte seine Ernennung zum Colonel. Zwischen 1900 und 1914 war er am Höhepunkt seiner Karriere und fungierte als  britischer Generalinspektor im Sudan ohne seine Verehrung für die Donaumonarchie aufzugeben.
Letztendlich konnte auch Kaiser Franz Joseph I. seinen von den Briten hochdekorierten Landsmann nicht übersehen und erhob den glühenden Monarchisten 1899 in den österreichischen Ritterstand. 1906 verlieh er ihm den Titel Freiherr.

Vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs war der ehrgeizige, jedoch typisch wienerisch charmant-devot auftretende Sohn eines Seidenfärbers, am Gipfel seines Ruhmes. Umjubelter Abenteurer, hochdekorierter Militär zweier Armeen und als bürgerlich Geborener sowohl in den österreichischen als auch in den britischen Adelsstand erhoben, ging er an den europäischen Höfen ein und aus, stand im Mittelpunkt glanzvoller Bälle und berichtete oft und gerne über seine Erlebnisse im fernen Afrika. Zeitgenossen beschrieben ihn als richtigen Salonlöwen und der passionierte Tänzer schien nicht zu widersprechen. Auch Victorias Nachfolger König Eduard VII. und König George V. empfingen Sir Rudolf in privater Audienz.
Freiherr von Slatin pflegte, ganz im Gegensatz zu Lawrence, auch intime Freundschaften zur höhergestellten Damenwelt, jedoch war er hier ganz der diskret schweigende Kavalier. Auch über seine im Sudan zurückgelassene Familie verlor er kein Wort.

Sein Absturz kam 1914 als Österreich-Ungarn, eine Woche nachdem er in der Wiener Votivkirche die 16 Jahre jüngere Baronesse Alice von Ramberg ehelichte, Serbien den Krieg erklärte.

Mit einem Schlag waren die Verbindungen nach England gekappt, weil man dort in ihm plötzlich den Leutnant einer feindlichen Armee und nicht den eigenen Colonel sah. Andererseits war er auch den Österreichern verdächtig ein Spion der Briten zu sein, so dass sie ihm, den glühenden Monarchisten, nicht eine militärische Aufgabe übertragen wollten und er nach langem Zögern schließlich nur zum Leiter der Kriegsgefangenenhilfe des Österreichischen Roten Kreuzes ernannt wurde, weil er da zwar seine umfangreichen Auslandskontakte nützen konnte, aber von den militätischen Geheimnissen der eigenen Armee ausgeschlossen blieb.
Während Lawrence von der britischen und amerikanischen Presse zum großen Helden aufgebaut wurde, weil er zu diesem Zeitpunkt den imperialistischen Interessen dienlich war, ließ sie Slatin fallen, da er durch die aktuellen Geschehnisse in dieser Rolle nutzlos wurde.

Die Nachkriegszeit verbringen beide Männer verbittert in ihrer alten Heimat und abgeschnitten von den Ländern ihres Aufstiegs. Während Larence sich unter fremden Namen auf einen untergeordneten Posten in der britischen Armee verkroch, jedoch „sein Entdecker“ Lowell Thomas mit einem abendfüllenden Filmvortrag über den arabischen Aufstand auf 2000-mal in den USA, Großbritannien und Australien auftrat und 1927 eine erste Biographie Lawrence and the Arabs (Robert Graves) erschien, kämpfte Slatin um eine Pension für seine Tätigkeit im Sudan und sein Buch wurde zum Ladenhüter.

Nach Kriegsende wurde Slatin zwar in die Delegation der Friedensverhandlungen in St. Germain berufen, jedoch spielte er, als die österr. Seite bemerkte, dass dieser Joker bei den Briten nicht mehr zog, nur eine untergeordnete Rolle. Zu allem Überfluss verboten ihm die Briten auch noch, seine geliebten britischen Orden öffentlich zu tragen; ein Verbot das erst 1927 durch Intervention seines Freundes Wingate aufgehoben wurde.

Erst 1926 durfte er noch einmal in „seinen Sudan“ reisen. Sein Biograf Vogelsberger (Zwischen Wüstensand und Königskronen 1992 Verlag Styria) berichtet von einer Episode, die selbst wenn sie erfunden wäre, jedem Filmdrehbuch zur Ehre gereichen würde:
Der alte Mann korrigierte einen Reiseführer in der alten Khalifa-Hauptstadt Omdurman, als er den Touristen einen falschen Ort als denjenigen zeigte, an dem dereinst der europäische Sklave vor dem Mhadi knien musste. Erst als sich der scheinbare Tourist dem schon erbosten Führer gegenüber als Slatin Pascha, oder wie er von den Sudanesen genannt wurde als Abdel Kader zu erkennen gab, wurde ihm Glauben geschenkt. Eine Situation, die man so manchem Schwachsinn daherplaudernden Reiseführer schon öfters gewünscht hätte …

Kurz vor seinem Tod gelang es Freiherr von Slatin auch noch seine einzige Tochter, die er mit seiner früh verstorbenen Frau hatte, als Privatgast von König Georg am englischen Hof einzuführen. Sie wird ihr weiteres Leben in Großbritannien verbringen und den Biografen ihres Vaters bis zu ihrem Lebensende keine Interviews gewähren. Slatin verstarb 4 Monate nach seinem letzten Besuch bei den Royals in Wien nach mehreren erfolglosen Eingriffen und Therapien an einem Magenkarzinom und fand nach einem Staatsbegräbnis, übrigens etwa 100m von Egon Schiele entfernt, seine letzte Ruhe in Ober St. Veit.

Die Genesungswünsche von König George hat er noch kurz davor mit einem nicht unwienerischen Anflug schwarzen Humors beantwortet, als er schrieb, dass er für die Unsummen, die er bereits für die Arztkosten ausgeben musste schon drei erstklassige Begräbnisse bekommen hätte.

Wenn Michael Korda in seiner 2010 erschienen Lawrence Biografie schreibt: „no man ever tried harder to serve two masters than Lawrence„, dann träfe dies ebenso auf Slatin zu, dessen lebenslange Loyalität sowohl zur österreichischen als auch zur britischen Krone seinem Biografen Gordon Brook-Shepherd zum Titel einer 1973 erschienen Biografie inspirierte:

Between Two Flags; the Life of Baron Sir Rudolf Von Slatin Pasha, GCVO, KCMG, CB.

Für beide Männer lässt sich meines Erachtens die  eingangs aufgeworfene Frage gleich beantworten:
Sie verließen ihre Heimat aus Unzufriedenheit über die beschränkten Möglichkeiten, die sich ihnen in ihrem gewohnten Umfeld boten und scheiterten tragisch, da die sie letzten Endes auch in der Fremde nicht wirklich bleibende Anerkennung finden konnten.

Daniel Kehlmann möge weghören, aber die virtuelle Verschränkung ihrer Lebensgeschichten gäben mindestens soviel her, wie die von Carl Friedrich Gauß und Alexander von Humboldt (http://de.wikipedia.org/wiki/Die_Vermessung_der_Welt). Für eine Hollywood-reife Verfilmung dieses Stoffs, wird es aber schwer sein, entsprechende Geldgeber aufzutreiben.

Slatin Pascha Friedhof Ober St. Veit

Links:
http://telawrence.blogspot.co.at/
http://www.bilderreisen.at/portraets/portraets-reisen-slatin.php

Klicke, um auf PH_Slatin_Pasha_final.pdf zuzugreifen

Klicke, um auf Slatin%20Pascha%20Unterrichtsmaterial.pdf zuzugreifen

Wettlauf der Ältesten

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Am 1. April war die Japanerin Misao Okawa im Alter von 117 Jahren gestorben und wurde in den Medien als älteste Person des Planeten bezeichnet.
http://www.spiegel.de/panorama/rekordalter-japanerin-misao-okawa-mit-117-jahren-gestorben-a-1026610.html

Dieser Titel ging, wie ebenfalls im Spiegel zu lesen war auf die 116-jährige Gertrude Weaver über, die aber leider schon sechs Tage später das zeitliche segnete.
http://www.spiegel.de/panorama/aelteste-frau-der-welt-mit-116-jahren-in-arkansas-gestorben-a-1027240.html

Wenige Tage (!!!) geistert durch die Medien, dass die Vietnamesin Nguyen Thi Tru mit 122 die älteste Person der Welt wäre!
http://www.salzburg.com/nachrichten/welt/chronik/sn/artikel/122-jaehrige-vietnamesin-ist-aeltester-mensch-der-welt-147260/

Die Unterlagen der Frau sind drei Wochen nach dem Tod der Japanerin Misao Okawa bei der Hongkonger Filiale der World Records Association eingegangen, die jetzt die Vietnamesin offiziell zu unserer ältesten Mitbürgerin erklärte.

Zwar irgenwie komisch, dass der britische Express bereits am 30. Juli 2014 von der Sache wusste
Is this the world’s oldest living woman? Supercentenarian claims to be 121 years old
A mother of 11 is claiming to be the world’s oldest person and has documents which proves she is 121-years-old.
http://www.express.co.uk/news/world/493669/Woman-121-claims-to-be-world-s-oldest-person

Wäre Ihr Anspruch damals schon anerkannt worden, hätten wir uns all die Artikel über Misao Okawa und Gertrude Weaver schenken können, jetzt aber geht’s aber gleich ums Ganze, denn die die Frau aus Vietnam macht sich daran den Allzeitrekord der Französin Jeanne Calment (geb. 1875) zu übertreffen, die 1997 mit 122 verstarb.

Lassen Sie sich doch zur Sicherheit die Geburtsurkunde Ihrer ältesten Verwandten zeigen, vielleicht schlummern noch mehr, nun ja Karteileichen ist da nicht der Richtige Ausdruck, eher Überraschungen in ihrem Stammbaum ….

Dass die Menschen heute immer älter werden, das wissen wir längst, dass das oft so schnell geht, daran müssen wir uns noch gewöhnen.

Written by medicus58

25. April 2015 at 08:56

Veröffentlicht in Psychopathologie der Medizin

Ärzte und die Abstimmung mit den Füßen

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Coliquio ist ein deutsches Online-Ärztenetzwerk, das nach eigenen Angaben von 125.000 Ärzten verwendet wird, um Wissen & Hilfe für die fachlichen Herausforderungen zu suchen.

Prof. Dr. Dr. h.c. Siegfried Kasper, Universitätsprofessor für Psychiatrie und Psychotherapie an der Meduni Wien wird dort zitiert:
coliquio ist eine moderne Art und Weise, wie wir heute kommunizieren: So ist es rasch und unabhängig von der Tageszeit möglich, sich zu aktuellen Themen zu informieren und mit Experten bzw. KollegInnen auszutauschen.

Heute wurde von dort nachfolgende Info ausgeschickt, die sich vielleicht auch unsere Gesundheitspolitiker einmal durchlesen sollten.

Coliquio
Nach außen hin, lässt sich vielleicht noch ein paar Monate das Klischee Der typische Arzt ist ein Hausarzt mit Kassenverträgen und reich  (http://wp.me/p1kfuX-jY) der Bevölkerung verkaufen, die Betroffenen selbst haben aber schon längst mit einer Abstimmung mit den Füßen begonnen.

Wie schon 2012 hier geschrieben, ist uns auch hier – wie beim Fußball – der deutsche Fuß voraus (Ärzteproteste: Match Österreich:Deutschland = 0:1 http://wp.me/p1kfuX-rf)

 

 

 

 

Written by medicus58

24. April 2015 at 16:43

Wehsely-Leak V 2.0 oder Indische Betten: die Betten am Ende des Ganges

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Spitalsbett

Einer der Beweggründe diesen Blog zu beginnen war für mich die unerträgliche Diskrepanz zwischen medialer Darstellung und der täglich erlebten Realität in unserem Gesundheitssystem.

Die nun plötzlich wieder hochkommende Diskussion über das
Gangbett, das es eigentlich nie gegeben hat und das dann offiziell abgeschafft wurde, ehe es in diesen Tagen wieder aufgestellt wurde,
ist ein solcher Mythos.

Fast genau vor drei (!!) Jahren, im April 2012 erlaubte ich mir unter dem Titel Gangbetten gibt’s net (http://wp.me/p1kfuX-fC) eine Binsenweisheit zu vermerken:

Es gibt im optimierten, effizient gemachten Krankenhaus nur zwei Optionen, entweder stehen oft viele Betten leer, oder sie stehen in Spitzenzeiten am Gang.

Auslöser waren die Fotos eines FPÖ Mandatars, der Gangbetten im Donauspital dokumentiert hat, deren Existenz vom Krankenanstaltenverbund zuerst dementiert, dann als Managementfehler der Verantwortlichen gebrandmarkt und in der Folge per Weisung des damaligen Generaldirektors Marhold abgeschafft wurden.

Dabei waren schon damals Gangbetten ein „gefundenes Fressen“ für die Oppositionsparteien:

5. Juli 2007 VP-Korosec: Gangbetten im SMZ-Ost seit Jahren traurige Realität
http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20070705_OTS0156/vp-korosec-gangbetten-im-smz-ost-seit-jahren-traurige-realitaet

25. Aug. 2008 FP-Mahdalik: Gangbetten in der „Allgemeinen Chirurgie“ des SMZ-Ost?http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20080825_OTS0126/fp-mahdalik-gangbetten-in-der-allgemeinen-chirurgie-des-smz-ost 

20. April 2009 FP-Mahdalik, Ebinger: Gangbetten – nicht an SMZ-Ost-Führung abputzen!
http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20090420_OTS0072/fp-mahdalik-ebinger-gangbetten-nicht-an-smz-ost-fuehrung-abputzen

20. April 2009 VP Korosek: Wenn es um Gangbetten geht, war Wiens oberster Spitalschef seit seinem Amtsantritt im März 2005 nie um eine Ausrede verlegen
http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20090420_OTS0164/vp-korosec-ad-gangbetten-wehsely-und-marhold-haben-versagt

21. Februar 2011 FP: Auch Gangbetten sind in Wiens Spitälern offensichtlich Normalität und nicht mehr Ausnahme
http://www.fpoe.at/news-detail/news/fp-ebinger-keine-einsparungen/offset128/69/

Ganz forsche Kritik an dieser Vogel Strauß-Politik kam auch von der Grünen Sigrid Pilz (Sigrid Pilz: Von Traumjobs kann man nie genug kriegen http://wp.me/p1kfuX-wh)

Und als Letztes, Frau Stadträtin: Wenn Sie sich mit dieser Haltung – ich will das alles nicht wissen! – als Vorstandsvorsitzende oder Aufsichtsratsvorsitzende bewerben würden, beispielsweise in einer Bank oder bei der BAWAG, würde man Sie mit dieser Haltung nicht nehmen. Den Wiener Patienten und Patientinnen und dem Krankenanstaltenverbund muten Sie das zu – zum Schaden der Bevölkerung! (Beifall bei den GRÜNEN.)
https://www.wien.gv.at/mdb/ltg/2006/ltg-005-w-2006-06-29-018.htm

nur war das halt 2006, ehe sie Patientenanwältin wurde und seither Schulter an Schulter mit der roten Stadtregierung gegen die Ärzte kämpft!

Wir sehen, auch wenn der Boulevard 2015 ganz überrascht aufheult:

Horror: Wiener Kranke landen in Gangbetten
http://www.oe24.at/oesterreich/chronik/wien/Horror-Wiener-Kranke-landen-in-Gangbetten/185272721

steht das Gangbett, allen medialen Beteuerungen zum Trotz in den Wiener Spitälern seit vielen Jahren herum.

Bemerkenswert ist aber, dass Rathaus und KAV nun, als eine Fotoinitiative der Wiener Spitalsärzte (http://kurier.at/chronik/wien/wiener-aerzte-hickhack-um-fotos-von-gangbetten-in-mehreren-spitaelern/125.488.730) das Problem wieder ins öffentliche Bewusstsein brachte, in ihren ersten Reaktionen erneut auf Verweigerung und Denunziation setzten:

„Stimmt so nicht“
„Das ist eine stark verzerrte Darstellung.“
„Es ist ärgerlich, dass Leute Fotos raufstellen, die so nicht stimmen“, heißt es auch aus dem Pressebüro des KAV. 

Wie schon in der medialen Aufbereitung der letztendlich grandios gescheiterten Pseudoverhandlungen um das neue Dienst- und Besoldungspaket der KAV Ärzte glauben die Verantwortlichen unverbesserlich, dass man mit großem PR Aufwand die Realitäten vernebeln kann.
Dort war es der Versuch Nebenabsprachen und Kleingedrucktes zu verheimlichen (Wehsely Leak: Ist die Mauschelei am Ende? http://wp.me/p1kfuX-TO), hier ist es der Versuch, das was seit Jahren Patienten und Gesundheitsberufe in den Wiener Spitälern hautnah erleben, einfach wegzureden.

Und erneut meldet sich die Opposition zu Wort:
VP-Korosec ad Wehsely: Frau Stadträtin, hat der KAV nun Gangbetten oder nicht?
http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20150420_OTS0083/vp-korosec-ad-wehsely-frau-stadtraetin-hat-der-kav-nun-gangbetten-oder-nicht

Korosec: „In der Beantwortung einer Anfrage, die die ÖVP Wien im März 2014 gestellt hat, bestreiten Sie noch, dass es Gangbetten gibt. Wörtlich heißt es hier: ‚Die PatientInnen des KAV sind in den dazu vorgesehenen PatientInnenzimmern untergebracht. In den Gängen besteht keine Möglichkeit zur Unterbringung von Betten. Die Gänge dienen natürlich auch als Transportweg für die Betten.‘ Jetzt hingegen setzen Sie eine Taskforce ein, sodass dieser unsägliche Zustand beendet wird“.

Angesichts dieser Entwicklungen, scheinen sich Häupl und Wehsely vielleicht doch zu sehr auf das mehrheitsfördernde Wiener Wahlrecht zu verlassen, dessen Reparatur sie zuletzt gerade noch verhindern konnten. (Wer glaubte, Ärzte wären nur wehleidig, möge sich Demokratieverständnis der Wiener SPÖ im Gemeinde… http://wp.me/p1kfuX-W0)
Natürlich kann man diese Indischen Betten erneut in den hintersten Winkel des Ganges verschwinden lassen, jedoch besteht irgendwann die Gefahr, dass bei diesem Seiltrick auch der letzte Geduldsfaden reißt.

Written by medicus58

20. April 2015 at 17:41

Die Teillösung der Volllösung einer Verarschung

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Wes

Rufen wir einmal für die Nicht-Betroffenen das Problem kurz in Erinnerung:

Erst nach
(!!) dem Inkrafttreten des novellierten Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz (KA-AZG) am 1.1.2015, das den Ärzten nur mehr eine wöchentliche Arbeitszeit von 48 Stunden (im Gegensatz zu den früheren 72 Stunden) erlaubte, begann die Wiener Gesundheitsstadträtin Wehsely Gespräche mit Vertretern der Gewerkschaft der Gemeindebediensteten, die nur noch einen Bruchteil der angestellten Ärzte im KAV als ihre Mitglieder bezeichnen können und mit Vertretern der Personalvertretung sowie der Wiener Ärztekammer, die sich beide auf eine Zwangsmitgliedschaft der Betroffenen berufen können.

Mit dem üblichen medialem Juhu-Geschrei verkündete man am 29.1.2015 eine Einigung: KAV-Ärzte: Mehr Gehalt, geänderte Arbeitszeiten (http://wien.orf.at/news/stories/2691951/ )

Als in den kommenden Wochen immer mehr „Kleingedrucktes“, wie Arbeitsverdichtungen durch geänderte Dienstzeiten und 382 Posteneinsparungen bekannt wurden, und in ersten Workshops klar wurde, wie der von Wehsely eingesetzte Generaldirektor (Mann, ist der Mann gut, der im KAV aufräumt http://wp.me/p1kfuX-Kd) und ihre Beraterhorden um Herrn Dr. Ebner (Die “objektive” Krake im Gesundheitssystem http://wp.me/p1kfuX-xw) den Pakt interpretieren und durchdrücken wollen, wurde die Vereinbarung allen grünen (JubelGrüne: Grüne Ärztinnen und Ärzte werden leicht einmal rot dabei… http://wp.me/p1kfuX-W9) und roten Claqueuren (Da ist irgendwo der Hund drinnen, Herr Minister Hundstorfer! http://wp.me/p1kfuX-UX) zum Trotz von einer überwältigenden Mehrheit der Betroffenen abgelehnt.

Vorerst unbeeindruckt peitscht Wehsely trotzdem ihren Pakt, von dem sich inzwischen sowohl die Personalvertretung als auch die Ärztekammer distanzieren, durch den Gemeinderat: Das rote Osterei für den KAV http://wp.me/p1kfuX-Wd
Schließlich ließ sie sich doch zu irgendetwas zwischen Nachverhandlung und Nachschärfung herab, um  am 14. April eine Teillösung der abgelehnten Volllösung verkünden zu lassen: http://www.vienna.at/gehaltsverhandlungen-der-spitalsaerzte-teilloesung-fuer-wiener-kav-erzielt/4296805

Auch wenn der zitierte Kurier-Artikel glauben macht, dass es nur ums Geld gehen würde (Probleme macht nun weiterhin das Thema Geld) trifft das nicht den Kern des Problems!

Fasst man den erreichten Zustand zusammen, kommt man zu folgenden Punkten:

  1. Die Dienstgeberin hat das von ihr gewünschte Arbeitszeitmodell in ihrem Sinn durchgebracht
    • Weiterhin bestehen parallele Modelle in denen die ärztliche Leistung einmal nach Arbeitsstunden, einmal nach Tagen und wieder nach Diensten berechnet wird, je nachdem wie es der jeweiligen Personalabteilung passt.
    • Weiterhin existiert für den einzelnen Arzt keine Möglichkeit seine absolvierte und seine noch ausständige Leistung selbst abrufen und ist auf die Angaben der Personalabteilung angewiesen.
    • Auch die Abteilungsleiter haben keinen Zugriff auf die entsprechende Software, obwohl sie zu einer gesetzeskonformen Diensteinteilung verpflichtet werden.
    • Inzwischen stellte sich heraus, dass offenbar jedes einzelne KAV Haus ein anderes Dienstschema verfolgt (z.B.: einmal 5 einmal 6-Tage-Woche)
  2. Die Dienstgeberin hat das von ihr gewünschte Entlohnungsmodell in ihrem Sinn durchgebracht
    • Frühere Zulagen werden nun in das Grundgehalt eingerechnet damit dieses höher aussieht.
    • Weiterhin werden Ärzte im KAV weniger verdienen als bei anderen Trägern. Wer kann, wird  kündigen und wie schon bisher werden kompetente Ärzte sich nicht beim KAV bewerben.
    • Weiterhin werden (abgesehen von minimalen Zuschlägen und 2h Freizeitausgleich) Nacht-, Wochenend- und Feiertagsdienste im Rahmen der gelten Normalarbeitszeit entlohnt werden.
    • Die Abgeltung des jahrzehntelangen Betrugs an den Ärzten, in dem das ARG 1983 missachtet wurde (30 Jahre braucht der KAV um ein Gesetz zu lesen – muss nun der Generaldirektor gehen? http://wp.me/p1kfuX-Ac) wird weiterhin nur durch 3 x 11 sogenannte ZZ Tage erfolgen. Da letztendlich die Arbeit an diesen Tagen von der anwesenden Kollegenschaft zusätzlich übernommen wird, kostet diese Lösung der Dienstgeberin keinen Groschen!
  3. Die Dienstgeberin hat ihren Plan der Postenreduktion nicht zurückgenommen,
    • nur soll das halt etwas weniger brutal als zuletzt probiert und unter den Augen einer „Kommission“ passieren.
  4. Die Dienstgeberin setzt nun ganz offen auf Opting out, um den Betrieb weiterhin zu ermöglichen
    • Während im ursprünglichen Pakt die Möglichkeit des Opting out, also die Möglichkeit unter Berufung auf die aktuelle Betriebsvereinbarung über die erlaubten durchschnittlichen 48h/Woche hinaus zu arbeiten und verlängerte Dienste über 25h zu leisten nach außen als „ultima ratio“ hingestellt wurde aber intern vereinbart wurde, dass die Vertragspartner auf die Ärzte einwirken werden, dass diese im Bedarfsfall unterschreiben, verspricht die Dienstgeberin nun ganz offen ine Prämie für diejenigen, die weiter den Weg der Selbstausbeutung gehen wollen! Die Argumentationen des Präsidenten haben Unterhaltungswert http://wp.me/p1kfuX-Ue
  5. Weiterhin kann die Dienstgeberin (durch Kündigung, Pensionierung oder Abschluss der Ausbildung) freiwerdenden Stellen unbesetzt lassen und dadurch die Arbeitsbelastung der Rumpfmannschaft maximieren.
    • Meines Wissens wurde das vom Verhandlungsteam nicht einmal angesprochen.
  6. Weiterhin kann die Dienstgeberin die Ärzte im KAV zur Lehre im Rahmen des Klinisch-Praktischen-Jahres für Medizinstudenten im letzten Studienjahr verpflichten, ohne dass sie sich hier eine adäquate Kompensierung durch die MedUnis ausverhandelt hat.
    • Meines Wissens wurde das vom Verhandlungsteam nicht einmal angesprochen.
  7. Andererseits bekommen KPJ-Studenten im KAV keine finanzielle Anerkennung für ihre Tätigkeit, so dass sie sich in Scharen zu anderen Trägern bewegen werden.
    • Die anfallende Arbeit wird halt von der Stammmannschaft erbracht, weil auch die Turnusärzte ein Auslaufmodell darstellen (Stichwort neue Ärzteausbildung)
  8. Weiterhin kann die Dienstgeberin die Strukturen des KAV zerbröseln lassen, weil das zur Verfügung gestellte Reinvestitionsbudget gegen Null konvertiert.
    • Meines Wissens wurde das vom Verhandlungsteam nicht einmal angesprochen.
  9. Weiterhin versucht die Dienstgeberin mit ihrer Master-Betriebsorganisation unbeirrt leitende Ärzte aus den Entscheidungsprozessen der klinischen Abläufe zu drängen und sie vermehrt an Pflege und MTDG zu delegieren
    • Master-Betriebsorganisation im KAV: Da fährt die Eisenbahn drüber http://wp.me/p1kfuX-NS
      Meines Wissens wurde das vom Verhandlungsteam nicht einmal angesprochen.
  10. Weiterhin verpulvert die Dienstgeberin Millionen an externe Berater und verweigert das Gespräch mit den eigenen Experten.
  11. Gestützt auf eine willfährige Gewerkschaft, eine Mehrheit im Gemeinderat, enormen PR Ausgaben und ein autoritäres Beamtendienstrecht, das den Mitarbeitern mundtot macht, werden Unzulänglichkeiten im Krankenanstaltenverbund abgestritten, Schuldenböcke gesucht und gefunden, und die Zensurschraube angezogen.

Oder kurz: Abgesehen von ein paar medialen Kollateralschäden hat Wehsely sich erfolgreich durchgesetzt!

Es kann nur gehofft werden, dass das von Kollegen Leitner und seinem Team mitgebrachte Paket zur Gänze von der Kurie der angestellten Ärzte abgelehnt wird, weil es keinen Kompromiss sondern ein Diktat darstellt.

“Es gibt nicht mehr Geld”, hieß es auch vonseiten der Stadträtin. Man (warum nicht Frau? persönliche Anmerkung) sei daher zur Auffassung gekommen, dass in diesem Punkt weitere Gespräche nicht sinnvoll seien.
http://www.vienna.at/gehaltsverhandlungen-der-spitalsaerzte-teilloesung-fuer-wiener-kav-erzielt/4296805
kann nicht das letzte Wort der Debatte bleiben.
Was wir als Ärzte (von Asklepios und Ärztekammer) verlangen müssen ist ein klares Forderungsprogramm zur Strukturänderungen und Gehaltsänderungen.
Als Steuerzahler müssen wir von der Politik verlangen, dass nicht Millionen an befreundete Berater und Stakeholder verschoben werden (Wehsely finanziert die Wiener Gebietskrankenkasse und keinen stört’s http://wp.me/p1kfuX-Un ) und Gespräche mit den eigenen Mitarbeitern nicht ausschließlich zur medialen Schadensbegrenzung sondern permanent zur Lösungssuche geführt werden.

Da es keine Zeichen gibt, dass die Dienstgeberin freiwillig von der Konfrontation zur Konstruktivität wechseln möchte, benötigen wir eine Informationsstrategie, wie wir die ganzseitigen Propagandainserate und Medienauftritte der Dienstgeberin konterkarieren können.

Eine tägliche, vorerst viertelstündige Information der wartenden Patienten in unseren Ambulanzen über die wahren Beweggründe des ärztlichen Protests, schiene mir eine rechtlich kaum zu ahndende Methode um dieses Ziel zu erreichen ehe wir in die Problematik des Beamtenstreiks zu kommen ….

Kann es sein …

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dass die Allergieverordnung die Wachauer ziemlich nervt?

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Written by medicus58

12. April 2015 at 14:15

Wirkungsorientierte Folgenabschätzung der Ärzteausbildung: Geiz war geil

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In diesen Tagen ist der Entwurf zur Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit über die Ausbildung zur Ärztin für Allgemeinmedizin/zum Arzt für Allgemeinmedizin und zur Fachärztin/zum Facharzt (Ärztinnen-/Ärzte-Ausbildungsordnung 2015–ÄAO 2015 in Begutachtung geschickt worden.

Viele der dort getroffenen Änderungen wurden hier schon ausführlich kritisiert, wie z.B.

die Ausbildung in einer Lehrpraxis bei der man einfach davon ausgeht, dass jeder Praxisbetreiber auch ein begnadeter Lehrer sein muss,
der Ausfall früherer Pflichtgegenfächer, die das „Kasteldenken der Organspezialisten“ weiter festigen werden,
die Modularisierung der Fachinhalte, nur damit all die kleinen Landesspitäler ihre billigen Azubis nicht verlieren, wenn sie wichtige Inhalte eines Sonderfaches nicht anbieten können/wollen mit
der konsekutiven Auslagerung von Spezialausbildungen in kostenpflichtige Kurse und Diplome …..

Wickel oder Neustart der Ärzteausbildung: Komm auf die Schaukel, KollegIn http://wp.me/p1kfuX-Sc
Entwertung der Ausbildung durch das Geschäft mit der Fortbildung http://wp.me/p1kfuX-Mx
Ärzteausbildung revisited oder leckt’s mich am 15a http://wp.me/p1kfuX-IC
KPJ und so weiter: Das Chaos der Ärzteausbildung http://wp.me/p1kfuX-GQ
Die wahre Reform der Ärzteausbildung http://wp.me/p1kfuX-Ex
Niedermoser: Who’s side are you on http://wp.me/p1kfuX-LF
Gelddruckmaschine ärztliche Fortbildung http://wp.me/p1kfuX-Cy

Natürlich gibt es auch positive Ansätze, wie die, zumindest am Papier verlangte, Übernahme von einfachen Tätigkeiten durch die Pflege, die bis heute den in Ausbildung stehenden Ärzten obliegt und die Vorgabe an die Spitalserhalter, den Auszubildenden bereits zu Beginn der Ausbildung einen klaren Ausbildungsplan auszuhändigen.

Die Praxis wird zeigen, ob der Papiertiger auch brüllen wird.

Was aber aus dem Entwurf und den beigelegten Erläuterungen des Ministeriums erschreckend klar hervorgeht, sind zwei eher unschöne Aspekte, die diese Reform auszeichnen:

  1. Fachfremde bestimmen, wie Ärzte auszubilden sind!
  2. Geiz ist geil!

Auch wenn im Vorblatt vollmundig behauptet wird, dass das Ziel eine „Reform der Ärztinnen-/Ärzte- Ausbildungsverordnung, um dem aktuellen Stand der Wissenschaft sowie einer qualitätsgesicherten Ausbildung Rechnung zu tragen„, gewesen wäre,
verheimlicht der nachfolgende Text nicht, dass es nicht die Ärzte waren, die letztendlich die Ausbildungsqualität ihrer Profession festsetzen durften, sondern in erster Linie Krankenkassenfunktionäre, Bundes- und Landesgesundheitspolitiker und Spitalsträger:

Im Rahmen einer Ausbildungsreformkommission, an der Vertreterinnen und Vertreter des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträgerder Bundesländer, der Österreichischen Ärztekammer, der Medizin -Universitäten und des Bundesministeriums für Gesundheit teilnahmen, wurden Empfehlungen erarbeitet, um die Ärztinnen -/Ärzte-Ausbildung zu reformieren.

Vorauszuschicken ist, dass die Länder als Krankenanstalten- und Ausbildungsträger in die Reformvorhaben seit 2011 eingebunden waren und seit 2013 auch als Mitglied der Kommission zur ärztlichen Ausbildung gemäß Artikel 44 der Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG, mit der die Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens, BGBl. I Nr. 105/2008, geändert wird, BGBl. I Nr. 199/2013.

Aber eine Verpflichtungen diese Ausbildung auch anzubieten, haben die Spitalsträger offenbar erfolgreich herausreklamiert:

Festzuhalten ist, dass grundsätzlich keinerlei Verpflichtung seitens der Krankenanstaltenträger besteht, Fachärztinnen/ Fachärzte auszubilden, sondern diese entscheiden nach ihrem zu deckenden Bedarf.

Schön, über den Bedarf an Gesundheitsversorgung entscheiden nicht die Ärzte, sondern eine Heerschar an mit öffentlichen Geldern finanzierte Berater (Gesundheit Österreich Ges.m.b.H., EHC, LBI-HTA, ELGA GmbH., ….), aber über den Bedarf an ärztlichen Nachwuchs entscheiden auch nicht die Ärzte, sondern die Träger der Krankenanstalten nach Gutdünken. 

Der zweite Punkt, der unser Ministerium ganz offensichtlich beseelt hat, war ganz klar, dass man die vermeintlich bessere Qualität wie selbstverständlich und ohne Verpflichtung der „Stakeholder“ billiger und rascher haben möchte:

Eine bisher in der Praxis bis zu 12 Jahren dauernde Ausbildung wird auf sechs Jahre verkürzt, da kein Umweg (!!!) über eine allgemeinärztliche Ausbildung (drei Jahre) und nach der Facharztausbildung (sechs Jahre) weitere drei Jahre Additivfachausbildung erforderlich ist, um die entsprechende Spezialkompetenz zu erlangen. Mit der Verkürzung um die Hälfte der Zeit gehen entsprechende Einsparungen einher.

Dass man auf den „Umwegen“ vielleicht auch etwas Brauchbares für seine ärztliche Tätigkeit gelernt haben kann, erschließt sich den Schreibtischstrategen offensichtlich nicht. Der ökonomisch relevante Hintergrund ist aber, dass ein Arzt, der mit einem ius practicandi eine Facharztausbildung beginnt, dem System einfach teurer kommt als ein frisch von der Uni kommender Dr. med.; dass andererseits die Verantwortung, die ein Arzt mit ius practicandi bereits zu Beginn seiner Fachausbildung übernehmen kann, auch wesentlich größer ist und, dass Ärzte mit Mehrfachausbildungen naturgemäß eher fachübergreifend (ganzheitlicher) denken können, interessiert niemanden. Wer aber nun glaubt, dass ich durch diese Interpretation den „Stakeholdern“ Unrecht tue, möge bitte weiterlesen:

Die spezifische Qualifikation durch die Additivfachausbildung war bisher erst durch die/den entsprechend im höheren Gehaltsschema zu entlohnende Fachärztin/den zu entlohnenden Facharzt zu erwerben, während durch die neue Gestaltung diese Qualifikation bereits als Turnusärztin/als Turnusarzt erworben wird.

Eigentlich fast schon transparent, wie das Bundesministerium offen legt, dass das gesamte Reformwerk primär unter dem Gesichtspunkt der Kosteneinsparung stand:

Die Umlagerung von grundlegenden Tätigkeiten, die in den Kompetenzbereich der Pflege zählen, und nicht von den Turnusärztinnen/Turnusärzten zu leisten sind, wirkt sich auf Grund der entsprechend niedrigeren Gehaltsschemata sowie niedrigeren Anzahl an erforderlichen Turnusärztinnen/Turnusärzten ebenfalls kostendämpfend aus.

Es wird auch klar, dass die von Wehselys Beratern errechneten Posteineinsparungen im KAV (Wehsely Leak: Ist die Mauschelei am Ende? http://wp.me/p1kfuX-TO) durch Arbeitsverdichtungen und Pooling von Turnusärzten, nicht ein lokaler Betriebsunfall ist, sondern Teil eines österreichweiten politischen Planes sind, die ärztliche Kompetenz in den Nachtdiensten auszudünnen:

Die Möglichkeit nunmehr Turnusärztinnen/Turnusärzte abteilungsübergreifend gemäß § 7 Abs. 3 und § 8 Abs. 2 Ärztegesetz 1998, BGBl. I Nr. 169/1998, einzusetzen, erlaubt entsprechende Einsparungen bei Turnusarzt-Diensteinteilungen.

Klar, stellen wir halt einen Turnusarzt, der gerade in der Diabetesambulanz ausgebildet wird, in der Nacht einem Unfallchirurgen zur Seite, denn
Dr. med. univ. hat eh alles zu können.

Weshalb einerseits die Modularisierung der Facharztausbildung zu mehr Qualität führen soll (Schwerpunktsetzung durch modulartige Sonderfachausbildung der Fachärztinnen/Fachärzt), aber andererseits es für den Beidienst gleichgültig zu sein hat, wo er in seiner Ausbildung gerade steht, dazu schweigt der Entwurf leider.

Darüber hinaus sind Turnusärztinnen/Turnusärzte auf Grund der geänderten Kernarbeitszeiten bis 16:00 mehr als bisher in den Hauptdienstzeiten in den Krankenanstalten anwesend, weshalb kostenintensive Nachdienste und Überstunden eingespart werden können.

Die Wirtschaftskammer wird gleich beruhigt:

Das Vorhaben hat keine wesentlichen Auswirkungen auf die Verwaltungslasten für Unternehmen.
Und auch die Länder werden vom Bundesministerium daran erinnert, dass sie nichts zu befürchten hätten, denn sie haben schließlich den Entwurf ja selbst geschrieben:
Vorauszuschicken ist, dass die Länder als Krankenanstalten -und Ausbildungsträger in die Reformvorhaben seit 2011 eingebunden waren und seit 2013 auch als Mitglied der Kommission zur ärztlichen Ausbildung gemäß Artikel 44 der Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG, mit der die Vereinbarung gemäß Artikel 15a B -VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens, BGBl. I Nr. 105/2008, geändert wird, BGBl. I Nr. 199/2013.
Dass die Veränderungen für die Ärzteschaft vielleicht wesentliche Veränderungen und natürlich auch Kosten verursacht, das ist nach der WFA-Grundsatzverordnung keine wesentliche Wirkung, schließlich waren in der Subdimension Arbeitsplatzbedingungen weniger als 150.000 Arbeitnehmerinnen aktuell oder potenziell betroffen und das liegt unterhalb der Kriterien der Version 3.6 des WFA–Tools zur Wirkungsorientierten Folgenabschätzung. 
Na, dann ist eh alles …

Written by medicus58

10. April 2015 at 17:28

Das Image der Ärzte: Was haben wir falsch gemacht?

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Ihr Arzt der Arsch

„Ärzte: Unser Image ist im Arsch, soviel scheint sicher“  tippte ich hier vor über zwei Jahren (http://wp.me/p1kfuX-yq).

Seither hat sich wenig geändert. Als die angestellten Ärzte in den letzten Monaten gegen Arbeitsverdichtungen und Einkommensverluste protestierten, nachdem sich auch die österreichische Politik in letzter Minute dazu entschlossen hat die EU Arbeitszeitregelungen nachzuvollziehen, ohne jedoch entsprechende Begleitmaßnahmen einzuleiten, brandete ihnen der blanke Hass der Gesundheitspolitik entgegen:

Landeshauptmann Pühringer (OÖ) „Ich werde euch in die Pfanne hauen, dass das Fett nur so spritzt.“ http://www.nachrichten.at/nachrichten/fotogalerien/cme172068,1201642

Gesundheitsstadrätin Wehsely (W): „Da wird das allgemeine gesundheitspolitische Waterloo ausgerufen. Da werden verschiedene Kammerinteressen bedient, aber gleichzeitig auch die Patienten verunsichert“ Nachsatz: „Hauptsache, es gibt Aufruhr.“ Weiters kritisiert sie, dass die Standesvertretung immer wieder versuche, Reformen zu verhindern. Die Ärztekammer sei ein „instabiler Partner“

Eine Phalanx aus Ex-Gewerkschaftsgrößen wie Hundstorfer und Oberhauser, ExHauptverbandschef Schelling, die Krankenkassengrößen  McDonald und Reischl und die Gesundheitspolitiker Pühringer (OÖ), Wehsely (W) und Rezar (B) versucht den Ärztekammerpräsidenten Wechselberger unter Druck zu setzen:

Die gegenwärtigen Aussagen von einigen Vertreterinnen und Vertretern der Ärzteschaft rund um die aktuellen Auseinandersetzungen zu Arbeitsbedingungen von Spitalsärztinnen und Spitalsärzten, zu drohenden Leistungseinschränkungen und Versorgungsengpässen tragen dazu bei, den Menschen das Gefühl zu geben, dass dieses sehr gute Gesundheitssystem in Gefahr sei. …
Als Verantwortungsträger in der östereichischen Gesundheitspoltiik weisen wir Verhaltensweisen, die geeignet sind, das Vertrauen der Patientinnen und Patienten in das Gesundheitssystem zu schwächen und den eingeschlagenen Reformkurs entschieden zurück!
http://diepresse.com/files/Brief_Wechselberger.pdf

 

Anders klingt es, wenn unmittelbar danach die Pflegevertreter, deren Arbeitszeiten sich übrigens nicht geändert haben, eine Lohnerhöhung verlangen, weil sie nun diejenigen Tätigkeiten übernehmen müssen, die international stets von der Pflege erledigt wurden und nur in Österreich aber bisher an Turnusärzte ausgelagert wurden:

Tiroler Pflegern platzt der Kragen http://www.tt.com/politik/landespolitik/9854766-91/tiroler-pflegern-platzt-der-kragen.csp

Prompt bringt Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg (T) der ausgezeichneten Arbeitsleistung des Pflege- und Gesundheitspersonals an den Tiroler Spitälern eine hohe Wertschätzung entgegen. „Die Forderung der Pflegerinnen und Pfleger sowie des Gesundheitspersonals der Landes- und Bezirkskrankenhäuser nach einer besseren Entlohnung nehme ich sehr ernst„. https://www.tirol.gv.at/meldungen/meldung/artikel/ohne-pflege-und-gesundheitspersonal-keine-medizin/

AKh-Betriebsratschef fordert 20 Prozent plus für Pflegepersonal http://www.nachrichten.at/nachrichten/politik/landespolitik/AKh-Betriebsratschef-fordert-20-Prozent-plus-fuer-Pflegepersonal;art383,1623133
und in Oberösterreich starten die Verhandlungen mit den Pflegekräften über höhere Gehälter. Es geht um knapp 24.000 Beschäftigte und ein Gehaltsvolumen in der Größenordnung von 900 Millionen Euro. Ein gänzlich neues Gehaltsschema soll für das Pflegepersonal in Kärnten ausgearbeitet werden. Die Eckpfeiler sollen bis Herbst stehen. In Kärnten hat das allerdings weniger mit Arbeitszeitproblemen zu tun als vielmehr mit den zusätzlichen Aufgaben, die die Pflegekräfte in den letzten Jahren übernommen haben. 
http://www.vienna.at/nach-den-spitalsaerzten-fordern-auch-die-pflegekraefte-mehr-geld/4263377

 

Nur die Älteren werden sich noch an den „Pflegeskandal Lainz“ erinnern, der sich fast auf den Tag genau, vor fünfundzwanzig Jahren aufgeflogen ist:

„Wer mich ärgert, bekommt ein Gratisbett beim lieben Gott“
http://www.spiegel.de/einestages/oesterreichs-groesster-pflegeskandal-die-todesengel-von-lainz-a-962376.html

Drei Hilfsschwestern haben Dutzende Pfleglinge ermordet.

Entdeckt wurde das Verbrechen nur durch die Aufmerksamkeit von Primarius Pesendorfer und seine Ärzte: Gerade Pesendorfer habe ihn, Stacher, „auf einen mehr oder weniger vagen Verdacht“ angerufen, worauf dann die Polizei eingeschaltet worden sei. (http://www.news.at/a/20-jahre-pflegeskandal-lainz-so-42-patienten-274581)

Gedankt hat ihm die Wiener Politik nicht, ganz im Gegenteil: Für den „Jahrhundertskandal“ im Allgemeinen Krankenhaus in Wien-Lainz hat Bürgermeister Helmuth Zilk den nach seiner Auffassung Verantwortlichen benannt. Es ist der Chefarzt der I. Medizinischen Abteilung, Franz Xaver Pesendorfer. (http://www.zeit.de/1989/29/nie-geplaudert)

Primarius Pesendorfer wurde umgehend suspendiert und erst durch die Disziplinarkommission und den Verwaltungsgerichtshof rehabilitiert. Danach verließ er die Dienste der Stadt Wien.

Für die Pflege änderte sich vorerst einiges zum Positiven:
Die Pflegehelfer-Ausbildung wurde als Mindestanforderung im stationären Bereich verlangt und die Zahl der Ausbildungsstunden auf 1600 verzehnfacht.
Der diplomierten Pflege wurden Abteilungshelferinnen zur Seite gestellt, um sie für medizinisch höherwertige Tätigkeiten als Bettenmachen und Nachtkästchen reinigen frei zu spielen.
Und wenn mir meine Erinnerung keinen Streich spielt, gab es auch eine Gehaltsreform
Dann wurde das Krankenhaus in „Hietzing“ und das Pflegeheim richtig idyllisch in „Geriatriezentrum am Wienerwald“ umbenannt, damit sich die Beschäftigten wieder mit dem Haus identifizieren können.

Und wie passt das zusammen?

Für Missstände im Gesundheitssystem wird von der Politik die Verantwortung immer den Ärzten umgehängt, während man deren Einflussmöglichkeiten auf die spitalsinternen Abläufe immer stärker beschneidet:
Weg mit den Primarii! http://wp.me/p1kfuX-HX
Der Eier-legende-Woll-Milch-Primarius http://wp.me/p1kfuX-AC
Master-Betriebsorganisation im KAV: Da fährt die Eisenbahn drüber http://wp.me/p1kfuX-NS

 

Natürlich liegt die Lösung nun nicht darin, in die Fußstapfen der „Lainzerinnen“ zu treten, denn letztendlich wurde auch der Pflege die zugestandenen „Erleichterungen“ wieder aberkannt:

2010 verordnete der KAV einen Aufnahmestopp für die 1690 Abteilungshelferinnen, die nach dem Lainzer Skandal eingeführt wurden: http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20101203_OTS0059/aufnahmestopp-fuer-1690-dienstposten-im-alleingang-verordnet

Die wirkliche Lösung wäre ein Schulterschluss zwischen Ärzten und Pflege und (das wär nun wirklich eine Sensation) ein Schulterschluss zwischen ärztlicher und Pflegedirektion innerhalb der Kollegialen Führungen, um die seit Jahrzehnten gepflogene Politik des gegenseitigen Ausspielens zu unterlaufen.

Natürlich benötigen die angestellten Ärzte dringend auch eine schlagkräftige Gewerkschaft, denn die oben angeführten Beispiele zeigen eindeutig, dass die gewerkschaftliche Vertretung der Pflege einen offenkundig stärkeren Einfluss auf die Gesundheitspolitiker hat als die Ärztekammer. Natürlich werden wir die größere Anzahl an mobilisierbaren Wählerstimmen in der Pflege numerisch nie ausgleichen können, jedoch ist es nur eine Frage der Zeit, bis auch die Pflege erkennt, dass sie bei aller „Wertschätzung“ und „akademischen Aufwertung“ am Ende des Tages wenig Konkretes und nur leere politische Versprechen erhält.

Written by medicus58

8. April 2015 at 20:16