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Warum der Wiener Gesundheitsverbund scheitern muss: Teil 2 oder Die maximale Nachrichtengröße beträgt 0 KB

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Das an Frustrationen und Absurditäten wahrlich reiche Arbeitsleben in WiGev wird völlig surreal, wenn man es mit der hauseigenen EDV zu tun bekommt.

Dass eine Nachricht mit 93 KB zu groß ist, um sie intern verschicken zu können, weil man die maximal zulässige Nachrichtengröße von 0 KB überschritten hat, erinnert in seiner Unauflöslichkeit an einen Koan , ist also vergleichbar mit der Frage nach dem Geräusch einer einzelnen klatschenden Hand (Hakuins Sekishu, Meister Hakuin Ekaku).

Beileibe ist das nicht das einzige Hoppala, das die tägliche Arbeit hemmt. Auf diesem Blog finden Sie zahllose weitere Beispiele, wie absurd und gefährlich die Fehlleistungen der hauseigenen IT Anwendungen sind und waren:

KAV-IT: Ohne Worte
Krankenhaus EDV: erfassten Widerspruch im Anlassfall

2018
Wien Digital – Qual ohne Wahl

2016
Krankenhaus EDV: erfassten Widerspruch im Anlassfall 

2015 
 und da war da noch ELGA
KAV-IT: Ohne Worte 

2014
Da mir Minister Stöger kein Interview zu ELGA gibt 
Die Überraschungseier der Krankenhaus EDV
Before we have been so rudely interupted
Software kann auch töten
Meine Paranoia mit der Spitals-EDV oder wenn alles steht, geht’s weiter wie bisher

2013 
KAV-IT: Die Problemverursacher übernehmen die Macht 
Kunstfehler waren gestern, heute haben wir die EDV

2012

VI Control-Alt-Delete : Be patient, patient.
Männchen oder Weibchen? An alle ELGA Fans
Risikofaktor medizinische Informatik
EDV: Supergau im KAV
Nervt die EDV nur oder will sie uns was sagen
MED 2.0 Facebook for the insane
Risikofaktor medizinische Informatik

Wenn gerade wieder Gesundheitsminister Rauch, weil er es wohl nicht besser weiß, und die NEOS, weil sie Mietmäuler der Industrie sind, die aus den Gesundheitsdaten Geld machen wollen (?), nach einer Öffnung der (pseudonymisierten) Gesundheitsdaten für die Forschung rufen, dann wird das ganze noch brisanter, wenn man sich klar macht, wie falsch diese Daten oft sind und welche falschen Schlüsse d.h. aus ihnen gezogen würden; aber zurück zum KAV/WiGev:

Ungeachtet der jahrelangen Bemühungen, den Wiener Krankenanstalten Verbund auszulagern, d.h. dem täglichen operativen Zugriff des Rathauses bzw. seiner mächtigen Magistratsabteilung zu entziehen, ist es bislang nur zu einer
Umbenennung (Der KAV ist tot, welchen Namen er trägt ist nebensächlich) in den Wiener Gesundheitsverbund und
nach den Turbulenzen unter Stadträtin Wehsely und „ihrem“ Generaldirektor Janßen (Janßen identifizierte sich nicht mit dem Gesamtinteresse der Stadt Wien und musste gehen) zu einem sehr eigenartig strukturierten Vorstand gekommen.

Warum eigenartig?
Zur Generaldirektorin wurde eine Krankenschwester ernannt, die im zweiten (akademischen) Bildungsweg über Pflegedirektorin, Direktorin für Personal und Organisationsentwicklung in der Generaldirektion und bis 2017 hinter GD Janßen Generaldirektor-Stellvertreterin war, jedoch keine Führungserfahrung außerhalb des 30.000 (eigentlich nur mehr 28.000) Mitarbeiter Konzerns mitbrachte.
Generaldirektor Stellvertreter wurde der Verwaltungsdirektor des AKH (Wer ist denn der Wetzlinger?), der nach Abgang des ehemals mächtigen Ärztlichen Direktor Krepler, die „gesamte Macht“ im größten Krankenhaus des Landes und die „Finanzmacht“ des KAV/WiGev, offenbar zur vollen Zufriedenheit der Politik an sich riss.
Unter Bürgermeister Häupl wurde also alles für eine weitgehende (personelle) Auslagerung der Krankenhäuser in Wien vorbereitet, was naturgemäß auch zu einem Machtverlust des Magistrats geführt hätte, da zig-Tausend Mitarbeiter der unmittelbaren Kontrolle der Magistratsabteilung 2 entzogen worden wären, völlig undenkbar für einen Beamten, der seine Wichtigkeit an der Zahl der Untergebenen misst. Der damalige Magistratsdirektor ist übrigens bereits im Ruhestand!

Und wenn Sie nun fragen, was das alles mit dem Thema IT im Wiener Gesundheitsverbund zu tun hat, ist das leicht erklärt.
Mir ist kein Beispiel bekannt, dass ein großer Konzern keine eigene IT/EDV hat, sondern für jede kleine Programmierarbeit und Lizenzkäufe einen Antrag bei einer externen Magistratsabteilung stellen muss.

Aber genau das ist seit 2017 der Fall, seit 2017 IKT-Stadtrat Mailath-Pokorny mit der Zusammenlegung von MA14, KAV- und AKH-IT das aktuell „größte Reformprojekt“ der Stadt Wien vollbracht hat. (Link):

Gebündeltes Knowhow „Am IT-Campus „STAR22“ werden zukünftig die rund 1.000 qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der drei IT-Abteilungen des Magistrats, des AKH und des Krankenanstaltenverbunds – sofern sie nicht vor Ort erforderlich sind – zusammenarbeiten“, sagt Projektbeauftragte Ulrike Huemer, CIO (Chief Information Officer) der Stadt Wien, mit Verweis auf das neu errichtete Rechenzentrum in Wien Donaustadt. Von hier aus werden die Kundinnen und Kunden der neuen IT-Partnerin – dazu zählen unter anderem BürgerInnen, Magistratsabteilungen, Schulen, Krankenhäuser, PatientInnen und Pflegeheime – rund um die Uhr mit modernen und effizienten IT-Services versorgt.

Die MA 14 (480 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die KAV-IT (380), die AKH-DTI (120) betreuen:
85.650 IT-User
931 Breitbandstandorte
70 Telekommunikationsanlagen mit 69.000 Nebenstellen
22.600 SIMs für mobile Endgeräte
5.077 Serversysteme, davon 85% virtualisiert
5.380 Datenbanken mit insgesamt 1.185,6 TB Speicher
9.460 TB Speicher
113.726 Arbeitsplatz-Endgeräte

Wer einmal in endloser Sitzung in der MA01 erlebt hat, dass das RIS/PACS über Wochen crasht, weil das Computer Emergency Response Team (WienCERT) den Virenscanner umgestellt hat, aber niemanden in diese Sitzung geschickt hat,
wer einmal erlebt hat, wie externe Softwarefirmen unkontrolliert von KAV/WiGev eigenem IT Personal die Softwarelösungen realisieren, die ihnen leicht fallen und nicht die, die der Nutzer benötigt,
wer zahllose frustrane Stunden an Helpdesks verbracht hat, weil sich wieder die Windowsprofile korrupt wurden, die Drucker verschwunden sind oder an einem Pop-up Fenster auf einen Administrator verwiesen wurde, der sucht verzweifelt nach Beispielen, wo in der Welt ähnlich große Strukturen wie der Wiener Gesundheitsverbund ohne eigne IT/EDV Abteilung funktionieren.

Bislang habe ich noch kein funktionierendes Beispiel gefunden.

Warum der Wiener Gesundheitsverbund scheitern muss: Teil 1

Written by medicus58

24. Februar 2023 at 16:41

Veröffentlicht in Gesundheitssystem

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Warum der Wiener Gesundheitsverbund scheitern muss: Teil 1

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Das Nestbeschmutzen ist wie der Verrat, alle lieben ihn und hassen den, der es tat.


Auch die neu-deutschen Version als Whistleblower gewinnt keine Beliebtheitswettbewerb. Nach über zwölf Jahren hier, und noch ein paar Jahren auf einem inzwischen eingestellten Hosts (Gedanken am Ende eines Blogs), in denen ich mich doch überwiegend an Missständen im Gesundheitssystem aufrieb, kann ich auch mit Fug und Recht feststellen, dass man rein gar nichts bewirkt.

Aus diesem Grunde sage ich mir seit Jahren, dass man seine Zeit sinnvoller verbringen kann, als Beispiel an Beispiel interner Insuffizienzen aufzuzeigen und seine Leserschaft zu verjagen.
Die Probleme sind so komplex, dass ohnehin keiner den ganzen Text lesen wird, und die anderen Vrgänge sind so absurd, dass sie von Außenstehenden nicht geglaubt und von Insidern müde weggelächelt werden.
Absurderweise keimt dann immer wieder ein kleiner Hoffnungsschimmer, dass doch irgendwer dem Wahnsinn die schärfsten Giftzähne ziehen könnte, damit wir unsere spärlichen Ressourcen vielleicht doch wieder in unser Hauptgeschäft stecken können, in die Betreuung kranker Menschen. 

Genug der Vorrede, ich werde also in der nächsten Zeit hier einige ärgerliche, aber meist leicht behebbare Fehlentwicklungen aufschreiben. Wenn schon die Verantwortungsträger daraus keine Schlüsse ziehen, dann wissen wenigstens unsere KundInnen (pardon PatientInnen) womit wir die Zeit verbringen, die ihnen nicht mehr zur Verfügung steht.

Im Jänner 2023 erreichte mich eine Massenmail an mir größtenteils unbekannte Postfächer und Einzelpersonen. Mit Verweis auf Zielvorgaben des Gleichstellungsprogramms 2021-2023 und eine Dienstanweisung vom 8.7.22 (!), alle Führungskräfte,Leiter*innen und Vorgesetzte wurde ich zu einer Schulung im Mai 2023 über den Umgang mit Sexueller Belästigung am Arbeitsplatz im Wiener Gesundheitsverbund verpflichtet.

Meine Kritik richtet sich nicht gegen die verpflichtende Schulung, auch wenn sich erfahrungsgemäß die realen Situationen anders darstellen als im Rahmen dieser Fortbildungen diskutiert werden. Hier geht es um die kafkaeske Art, wie diese (verpflichtende!) Anmeldung abgehandelt wird und wie viele Mitarbeiter sich damit mehrfach beschäftigen müssen.

Ich meldete mich pflichtgemäß online an, bekomme sogleich eine Mail, die schroff klar stellt: 

ACHTUNG! Dies ist keine Einladung, sondern nur eine Empfangsbestätigung. Bitte warten Sie auf eine nachrichtliche Verständigung!

Klein gedruckt wird darauf verwiesen, dass meine Anmeldung an den Ärztlichen Direktor weitergeleitet wird. Warum ist mir unklar, weil es sich um eine Pflichtveranstaltung handelt, so dass man mir das ohnehin nicht verbieten wird.
Am nächsten Tag kommt dann eine Mail, dass die ärztliche Direktion (sprich das Sekretariat und nicht der Direktor) meine Anmeldung genehmigt hat und der „Akt an das Fortbildungsreferat des Spitals weitergeleitet wurde, aber

Bitte warten Sie auf eine Einladung oder eine sonstige Verständigung zur Kursteilnahme!
Sollten Sie innerhalb von 30 Tagen keine Nachricht erhalten haben, überprüfen Sie bitte den Statuseintrag in Ihrem Bildungspass oder wenden Sie sich an die Kontaktperson des Kurses.

Vorsicht ist ja an sich immer angebracht, aber irgendwer geht schon gar nicht mehr davon aus, dass dieser elektronische Kettenbrief nicht doch noch unterbrochen wird ….

Schon knapp ein Monat später erhielt ich eine weitere Mail

Bitte um Weiterleitung der Einladung und fristgerechte Retournierung der eingescannten Teilnahmerückbestätigung mit Unterschrift des Mitarbeiters/der Mitarbeiterin und des/der direkten Vorgesetzten  an die Abteilung Personal/Fortbildungsreferat. Bei Versäumen der Frist werden die Seminarkosten von Seiten der Generaldirektion automatisch dem jeweiligen Haus in Rechnung gestellt.

Wohlgemerkt, ICH habe mich persönlich angemeldet und mein Vorgesetzter (OK, seine Sekretärin) hat dies genehmigt , aber weshalb verlangt man nun eine Bestätigung, dass wir das alles auch verbindlich gemacht haben?
Im Ggs zum Wortlaut der Mail, besteht übrigens kein Zwang zur Herstellung eines Papierdokuments, also ausdrucken, unterschreiben, einscannen, sondern es besteht auch in den beigelegten Word (!) Files die Möglichkeit einer Online Bestätigung

Da das im Text der Mail aber anders verlangt wird, mach ich beides.

Danach kommt eine weitere Mail, die mir versichert:

Sie haben die Einladung zum untenstehenden Kurs angenommen und bestätigt, dass Sie verbindlich daran teilnehmen, 
gleichzeitig wird mir versichert, dass meine Rückmeldung an das Bildungsreferat des Spitals weitergeleitet wird.

Bis zur Veranstaltung sind es noch rund drei Monate und viele Möglichkeiten, dass dieses Kettenbriefe noch mehrfach mein Outlook blockiert.

Und ehe Sie das als absurden Workflow etwas ungeschickter Personalisten abtun:
So ähnlich laufen auch Urlaubs- und Kongressanmeldungen, Drittmittel-, Stellenausschreibungen (TalentLink), Ausschreibungen gemeinsam mit externen Beratern und Struktur- und Masterplanungen ab.

Und all das war erst Teil 1 dieser neuen Rubrik.

Written by medicus58

9. Februar 2023 at 17:14