Sprechstunde

über alles was uns krank macht

Der Liebe Gott macht einen wieder gesund. Warum macht er einen dann überhaupt krankt?

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Brain cross health

Dies ist hier weder der Ort noch das Format um die komplexen Wechselwirkungen zwischen religiösem Glauben und Krankheit erschöpfend zu analysieren. Ich bin aber über eine Jubelmeldung der kathpress über einen österr. Psychiater und Opus Dei Mitglied mit eigenem Wikipedia Eintrag (http://de.wikipedia.org/wiki/Raphael_M._Bonelli) gestolpert, die ich hier zumindest „verewigt“ wissen wollte.


Religion schützt die seelische Gesundheit und kann auch von der Medizin als wichtige Ressource des Menschen angesehen werden. Das hat der Wiener Gehirnforscher Raphael M. Bonelli mit Kollegen der Duke University in einem gross angelegten Studienvergleich dargelegt, der demnächst im „Journal of Religious Health“ publiziert wird.
http://kipa-apic.ch/index.php?pw=&na=0,0,0,0,d&ki=241805

Auch wenn die Meldung vom 1. April stammt, handelt es sich dabei offenbar um keinen Scherz.

Bonelli zeigte sich „überwältigt“ von dem für wissenschaftliche Verhältnisse „sehr eindeutigen Ergebnis“: Je nach Krankheitsgruppen seien die Hinweise auf eine Schutzfunktion durch Religiosität teils äusserst stark, allen voran bei Sucht, Depression und Suizid, doch auch bei Demenz waren die Resultate vielversprechend. Religion sei somit durchaus ein mit Alter oder Geschlecht vergleichbarer psychiatrischer Parameter, so der Wiener Forscher: „Wäre Religion ein Medikament, kann man sagen, es wäre mit Sicherheit zugelassen.“

Natürlich könnte man nun mit Leichtigkeit all die Fälle religiösen Wahns anführen, die zu Selbstverstümmelung, Selbstmord und Massenmord führten, nur um mit einiger Berechtigung den Vorwurf zu ernten, dass all dies auch von explizit a-religiösen Menschen begangen wurde, oder dass es sich hierbei eben nicht „um den wahren Glauben“ gehandelt hätte.

Wie sehr der Glaube an sich, auch ohne religiösen Hintergrund, eine Placebowirkung (http://de.wikipedia.org/wiki/Placebo) auslöst, ja selbst die enttäuschte Hoffnung eine Nocebowirkung (http://de.wikipedia.org/wiki/Nocebo-Effekt) zeitigt, hat aber zuerst die Naturwissenschaft gezeigt, nicht etwa religiöse Propheten ….

 

Wenn nun ultraorthodoxe Kreise ihren – per definitionem nicht widerlegbaren und somit nicht naturwissenschaftlichen Glauben – ein naturwissenschaftliches Mäntelchen überziehen, dann ist dieses Intelligent Design (http://de.wikipedia.org/wiki/Intelligent_Design) mehr als durchsichtig.

Trotz meiner ausgesprochen agnostischen Grundposition, maße ich mir als naturwissenschaftlich denkender Mensch in Ermangelung einer aussagekräftigen Versuchsanordnung nicht an, die positiven und negativen Folgen des Glaubens an einen „persönlichen Gott“ buchhalterisch  abzuschätzen (meiner persönlichen Empfindung behalte ich ausnahmsweise mal für mich), aber in gewisser Weise ist Herr Kollege Bonellis Wunschtraum einer Religion als Medikament ohnehin schon Wirklichkeit.

Die verfassungsmäßige Privilegien ihrer Gewinnspannen haben die Verteilerorganisation von Medikamenten, also die Apotheken (http://diepresse.com/home/gesundheit/1270753/Gesundheit_VfGH-kippt-Apothekenregelung), ebenso wie die Verteilerorganisationen staatlich anerkannter Religionen, auch wenn nur gegen letztere aktuell unterschreiben kann (http://www.kirchen-privilegien.at/unterschreiben/).

Eine weitere Parallele ist die überzufällig häufige Verwendung verschiedener christlicher Heiliger im Apothekennamen, obwohl andere Berufe (z.B. Bäcker oder Bergleute mehr Schutzheilige aufweisen können als die Pillendreher (http://www.heiligenlexikon.de/Patronate/Patronate-Berufe.htm). Trotzdem wäre für eine allfällige Apothekenpflicht für die christliche Religion namentlich schon vorgebaut.

6 Antworten

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  1. Gott mach gar niemanden krank! Das machen schon wir selber.
    90- 95% all unserer Erkrankungen sind Zivilisations-/ Wohlstands- (mit)verursacht, also hausgemacht!
    Kein Wildtier erkrankt an all unserem Krebs-, Asthma-, Allergie-, Artrosen-, Rheuma-, Infarkt-, und, und, und Wahnsinn.

    payoli

    2. April 2013 at 17:14

    • Liebe(r) payoli!
      Meine Antwort spielt mit der, Ihnen als offenkundig Gott-Gläubigen sicher bekannten, Theodizee (http://de.wikipedia.org/wiki/Theodizee): Hält man einen Gott für allmächtig, der alles Gute zu bewirken vermag, dann stellt sich innerhalb dieses Bezugssystems natürlich auch die Frage, zu welchem Zweck er auch das Böse tut.
      Die eigenartige PR Aktion des Opus Dei, die gestern auch der ORF rauf und runter orgelte, dass religiöser Glaube gesund machen würde, wirft hier m.E. auch die Frage auf, ob den religiöser Glaube nicht auch krank macht. Dies wird in der Berichterstattung tunlichst ausgespart.
      Den Anteil der „selbstverschuldeten“ Krankheiten, den sie mit 90-95% ansetzen, schätzen Sie selbst für die Hietzinger und Döblinger Wohlstandsghettos als deutlich zu hoch ein. Für ein Slum der Dritten Welt ist die Aussage völlig absurd …

      medicus58

      3. April 2013 at 08:28

      • a) Ich bin nicht ‚Gott-gläubig‘ sondern bezog mich auf Deine Überschrift
        b) Die 90- 95% sind nicht geschätzt, sondern lassen sich mit ein paar Mausklicks verifizieren. Nimm bloß unsere 5 häufigsten Erkrankungen und Du bist bereits über 80%!
        Und dass ein Slum KEIN Zivilisations- Effekt sein soll, zeugt von ‚absurder‘ Zivilisations- Bescheuklappung 😉

        payoli

        3. April 2013 at 11:17

      • Es besteht auch für mich kein Zweifel, dass die Lebensweise in unseren westlichen Industrieländern bestimmte Krankheiten verursacht, auslöst u/o begünstigt. Ich denke nur, man sollte bei quantitativen Aussagen die Relationen nicht aus den Augen verlieren.

        1) Wenn bei uns 90-95% der Krankheiten life-style bedingt sind, dann müssten Entwicklungsländer eine deutlich höhere Lebenserwartung haben, oder?
        Wenn uns die Soft drinks fett machen, was vermutlich stimmt, dann muss ich zB das, wenn ich gesellschaftlich argumentiere, gegen das bakteriell kontaminierte Brunnenwasser in anderen Gegenden aufrechnen.

        2) Für die meisten der sogennanten „Zivilisationserkrankungen“ ist der pathogenetische (=ursächliche) Zusammenhang weitaus weniger klar, als es scheint. Thema Allergie: Ich hänge auch der Meinung an, dass diese in westl. Industrieländern zunehmen und dass viele Nahrungsergänzungstoffe und der „Feinstaub“ was damit zu tun hat; … aber endgültig bewiesen ist das nicht.

        3) Dass Zigarettenrauchen für ca. 2/3 aller Lungenkarzinome verantwortlich ist, steht außer Frage, aber das letzte Drittel ist somit unabhängig vom „selbstverschuldeten“ Verhalten.

        4) Krankheiten sind in den meisten Fällen, außer zB einé Schußverletzung, multifaktoriell, d.h. auf eine Reihe, oft einander beieinflussender Ursachen zurück zu führen. 90% einer Ursache zuzuschreiben, ist somit bei den meisten Dingen (Ausnahme: Schußverletzung) übertrieben …

        5) Im übrigen hart das alles nichts mit dem Theme meies BLogeintrages zu tun gehabt … sonder wäre ein neues Thema 🙂

        medicus58

        5. April 2013 at 08:39

      • Oh Mann, oh Mann! medicus habens tatsächlich semesterlang die Narrenkappe über die Augen gezogen … 😉

        1) Wohlstand gegen Armut, soft-drink gegen Dreckwasser aufzurechnen ist Schwachsinn! Denn beides ist falsch; bloß über und unter einem optimalen Soll- Zustand. Ob’sd verhungerst oder an Herzverfettung stirbst ist letztendlich egal … Das Optimum liegt in der Mitte und heißt ‚artgerecht‘!

        2) Wenn ich das schon höre! ‚bewiesen ist es nicht‘!
        Wer bezahlt den all die Studien und Untersuchungen!? Wer lässt denn Arbeiten die nicht ins Verkaufskonzept passen verschwinden!? Wer bitte sollte an lebenslang gesunden, zufriedenen und wunschlosen Nichtkonsumenten Interesse haben!? Hm?
        Wart‘ nicht, dass andere Dir etwas ‚beweisen‘! Versuchs einfach! Ein paar Wochen und Du hast Klarheit!

        3) Unser Zivilisationsverhalten ist derartig multifaktoriell, sozusagen rundum und durchgängig, falsch, dass es völlig sinnlos ist, versuchsweise einzelne Faktoren rauszunehmen.
        Wenn schon der Spieltrieb mit Dir durchgeht, kannst‘ es aber umgekehrt machen, so wie ich das x-mal im Selbstversuch ausprobiert hab: Fasten u/o artgerecht leben bis man ok ist und dann sich gezielt einzelne ‚Sünden leisten‘ und beobachten. Dann wirst Du sehen, dass z.B. schon ein paar Bissen Pizza eine verschwundene Allergie sofort wieder ‚zurückholen‘ können. – Ist bloß (m)ein Beispiel; kann natürlich alles andere auch sein.

        4) Ich hab nicht von ‚EINER Ursache‘ gesprochen! Ich spreche vom Zivilisationswahnsinn, in dem so ziemlich alles falsch, im Sinn von nicht artgerecht, gemacht wird, was man nur falsch machen kann, und auf der anderen Seite von einer artgerechten Lebensweise.
        Wenn Du Dich auf meinen blog bemühst, wirst Du sehen, dass ich die Primär- Segmente Ernährung, Bewegung, Mentales und Soziales bearbeite, von denen jedes wiederum ein ‚eigenes Universum‘ darstellt.
        Also absolut nicht ‚eine‘, sondern sehr viele Ursachen sind zu eliminieren, sehr viele Verhalten sind zu ersetzen. Man kann das alles aber mit dem Trick ‚artgerecht leben‘ auf einen Begriff reduzieren.

        5) Damit hast Du Recht und es ist auch schon Schluss hier. Auf meinem blog ist längst alles gesagt … 😉

        payoli

        5. April 2013 at 11:29

  2. Oh, Gott

    medicus58

    7. April 2013 at 11:10


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