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Master-Betriebsorganisation im KAV: Da fährt die Eisenbahn drüber
Seit Tagen lacht die Welt über Frankreich, weil die von der staatlichen Eisenbahngesellschaft (SNCF) bestellten 2.000 neue Züge im Wert von 15 Milliarden Euro für einige Bahnhöfe etwas zu breit sind und nun die Bahnsteige für 50 Millionen Euro verkürzt werden müssen.
Wie in vielen Ländern wurde auch in Frankreich der EU Forderung nach allgemeiner Liberalisierung nachgegeben und getrennte Betreiber für Schienennetze (RFF) und Züge (SNCF) eingerichtet. Vielleicht auch durch diesen Flopp beschleunigt wird 2015 diese trennung wieder aufgehoben und Schienennetz und Betrieb einheitlich geführt werden, damit das Wissen um die Spurbreite der Züge und die Maße der Bahnsteige wieder in einer Hand ist.
http://orf.at/stories/2230836/2230837/
Jetzt fragen Sie sich vielleicht, weshalb sich dieser Beitrag, der in den Medien ohnehin rauf- und runtergeorgelt wurde, in der Rubrik „Österr. Gesundheitssystem“ findet?
Ganz einfach. Im Wiener krankenanstaltenverbunf (KAV) zirkuliert derzeit der seit Monaten erstellte Entwurf einer Master-Betriebsorganisation für alle KAV -Spitäler der als einen der wesentlichen „Betriebsorganisatorische Ansätze im Stationären Bereich“ eine
Trennung von organisatorischer und fachlicher Leitung
vorsieht. Konkret soll die ärztliche Führungskräft sich um die PatientInnenbehandlung kümmern und die „Verantwortung für das medizinische Outcome, die Ressourceninanspruchnahme und das wirtschaftliche Ergebnis“ behalten, die „stationären (Support)Bereiche“ übernehmen die Pflegeleitungen, die „den Fachabteilungen definierte Leistungsbündel in vereinbarter Qualität zur Verfügung (z.B. Ressourcen wie Betten-, Raum- und Gerätekapazität aber auch Leistungen wie z.B. Pflegeleistungen)“ stellen.
Also eigentlich genau das Managementkonzept, dessen Effizienz wir derzeit bei der Französischen Eisenbahn bewundern durften:
Ich trenne einen hoch interdependenten Prozess auf zwei unabhängige Verantwortungsträger auf, die unterschiedliche Zielvorgaben und Verantwortlichkeiten haben und bürde ihnen in einen zusätzlichen Abstimmungsprozess auf.
Da sage noch einer, wir lernen aus den Fehlern der Vergangenheit.
Kapital gut, Ficken schlecht? Wie ist das nun mit dem freien Verkehr?
Vorausschicken möchte ich, dass es in der Welt, wie ich sie mir wünsche, keinen entgeltlichen Sex geben würde, aber gerades deshalb:
Irgendwie doch inkonsequent, nicht? Waren, Dienstleistungen und Kapital wird in der Europäischen Union das Grundrecht des freien Verkehrs verbrieft. Aber auch außerhalb von Europa werden schrittweise alle Schranken abgebaut, die angeblich einen freien Handel unterbinden. Ganz aktuell soll im Transatlantische Freihandelsabkommen (TAFTA, manche sagen auch Wirtschafts-NATO dazu) Indien gezwungen werden, die Agrarsubventionen auf Getreide zu senken, mit denen es sicherstellen möchte, dass sich der Tagelöhner in Orissa (heute eigentlich Odisha) seine Schale Reis leisten kann, weil es sich halt für „Uncle Ben’s Instant Rice“ nicht ganz ausgeht.
Gleichzeitig führen wir in Europa eine Diskussion über das Verbot der käuflichen Liebe. Frankreich versucht dies aktuell nach schwedischem Vorbild durch Kriminalisierung der Freier. (http://diepresse.com/home/panorama/welt/1494326/Prostitution_Frankreich-verbietet-kaeuflichen-Sex).
In Wien setzt man auf die bewährte Verkehrspolitik: Parken und Pudern in Wien – Beispiele einer erfolgreichen Stadtverdrängung http://wp.me/p1kfuX-uV
Erklärt wird dies auf den ersten Blick durchaus schlüssig mit der dem Gewerbe anhaftenden Umgebungskriminalität (Menschenhandel, Drogen, Erpressung, Gewalt, Illegalität, …).
Die Vorstellung, dass plötzlich alle Rumäninnen freiwillig ihre Selbstverwirklichung im Fließbahnsex mit angeheiterten Österreichern finden, ist ja wirklich absurd, nur ist es nicht genauso absurd, dass wir es „dem kleinen Mann“ verwehren für sein persönliches Glück ein bisschen über andere Menschen „drüber zu steigen“, während wir dieses Recht Konzernen und der Finanzindustrie gesetzlich zusichern?
Ich höre schon die Gegenstimmen, dass da wieder einmal Äpfel mit Birnen (oder vielleicht Eier mit Bananen) verglichen werden, doch gemach …
Wenn nicht gerade wieder einmal in Bangladesch eine Textilfabrik einstürzt oder sich ein chinesischer Foxconn Arbeiter aufhängt, ist es uns egal, wie die Produkte in Niedriglohnländer hergestellt werden, die zollfrei in Hochpreisländern die Gewinne erzielen, die dann off shore an unseren Steuerbehörden vorbei gebunkert werden, Hauptsache keine Barrieren. Hier darf der Markt regieren und sagen Sie mir bitte nicht, dass es einen substantiellen Unterschied macht, ob eine Bangladeshi, die nie einen Reisepass hatte, für 15 Cent pro Stunde ihr T-Shirt näht, oder ihnen eine blutjunge Roma, der man den Pass abgenommen hat, für 20 € ihren Schniedel massiert.
Als Demokrat würde ich die gleichen Rechte für Freier und Kapitalisten fordern,
als Moralist wünsche ich mir einen vergleichbaren Codex für Geld- und Sexgeschäfte.